Kommentar Muezzin-Rufe: Mit Urängsten muss endlich Schluss sein

Mit bis zu 60 Dezibel dürfen hiesige, gleichfalls durch Lautsprecher verstärkte Kirchenglocken läuten. Peanuts sind dagegen die dem Muezzin zugestandenen 40 Dezibel.

Natürlich kann man das alles parteipolitisch deuten: Dass ausgerechnet die SPD in Rendsburg den Muezzin-Ruf erlaubt hat, während die CDU - gleichfalls klienteltreu - skeptisch ist.

Bizarr ist nur, dass die konservativen Kräfte - die Rendsburger Anti-Muezzin-Initiative eingeschlossen - längst nicht so streng sind, wenn es um "abendländische" Religionen geht: Mit bis zu 60 Dezibel nämlich dürfen hiesige, gleichfalls durch Lautsprecher verstärkte Kirchenglocken läuten. Peanuts sind dagegen die dem Muezzin zugestandenen 40 Dezibel.

Die Anti-Muezzin-Agitatoren blenden aus, dass das Kirchengeläut immer wieder Ärger erregt: Einige finden es zu laut, andere wittern gar "heidnisches Brauchtum" und religiöse Bevormundung. Zynisch außerdem, dass den Christen trotz ihres Geläutes die Gläubigen davonlaufen, während hiesige Muezzine inner- und außerhalb der Migrantenszene ganz ordentlichen Zulauf haben. Ein urchristliches Trauma, vermutlich aus der Zeit der Kreuzzüge datierend. Die Muezzin-Diskussion jedenfalls, so viel steht fest, ist eher Platzhalter für Überfremdungs-Urängste.

Mit denen aber muss im angeblich so pragmatisch-aufgeklärten Technologie-Zeitalter endlich Schluss sein. In Rendsburg hat es funktioniert: Die Rechtssprechung hat sich als Vehikel von Demokratie und Toleranz erwiesen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.