Fehmarnbelt ist potentielle dänische Endlagerstätte: Urlaub auf der Atommüllhalde

Ein Endlager für radioaktive Abfälle in Rødby am Fehmarnbelt soll da entstehen, wo der Ostseetunnel geplant ist. Entsetzen in deutschen Tourismusorten.

Radioaktiv-Urlaub: der dänische Hafen von Rødby (l.) mit geplantem Tunneleingang (r.). Bild: Femern A/S

HAMBURG taz | Einen "Atommüll-Tourismus über den Fehmarnbelt" befürchtet das dortige Bündnis gegen eine feste Fehmarnbelt-Querung. Offenbar plane Dänemark, "über profitable Atomtransporte erhebliche zusätzliche Mauteinnahmen aus dem Tunnel generieren zu wollen, um mögliche Finanzierungslücken zu schließen", vermutet Bündnissprecher Malte Siegert. Dadurch solle die Rentabilität des geplanten Tunnels angesichts niedriger Verkehrsprognosen gestützt werden. Da Deutschland über kein Endlager verfügt, befürchtet Siegert, "dass zukünftig deutscher Atommüll durch Ostholstein über den Fehmarnbelt Richtung Dänemark kutschiert werden könnte".

Experten eines geologischen Instituts haben der dänischen Regierung jetzt sechs potenzielle Stätten für Atommüll-Endlager vorgeschlagen, darunter Rødby Havn am Fehmarnbelt oder auch die Ferieninsel Bornholm. In dem Endlager soll Nuklearabfall aus den drei kleinen Versuchsreaktoren Risø bei Roskilde deponiert werden. Etwa 5.000 Kubikmeter nicht hoch-radioaktiven Atommülls sollen in Stahlfässern in 30 bis 100 Metern Tiefe gelagert werden.

Den hoch-radioaktivem Abfall aus der 1958 gebauten Versuchsanlage wollen die Dänen nach wie vor im Ausland deponieren lassen. Dänemark hatte 1985 entschieden, keine Atomkraftwerke zu bauen. Seit 2003 liegen die Versuchsreaktoren in Risø still. Sie sollen komplett abgerissen werden.

Von Rødby Havn pendeln die Fähren über den knapp 20 Kilometer breiten Belt ins deutsche Puttgarden auf auf der schleswig-holsteinischen Insel Fehmarn. Dänemark plant dort den Bau eines Tunnels mit vier Autospuren und zwei Bahngleisen. Das Projekt soll mindestens 5,1 Milliarden Euro kosten, die Anschlussverbindungen für Schienen und Straßen allein auf deutscher Seite werden auf bis zu 1,7 Milliarden Euro geschätzt. Aus Mauteinnahmen soll sich der Tunnel über 25 bis 30 Jahre amortisieren.

Auf der dänischen Seite haben die Überlegungen aus Kopenhagen zu ersten heftigen Protesten in den betroffenen Gemeinden geführt. "Erst machen sie uns in der Provinz die Krankenhäuser dicht, und jetzt wollen sie uns den Atommüll schicken", kritisiert der regionale parteilose Abgeordnete Per Ørum nach einem Bericht der Zeitung Berlingske Tidende am Montag die Regierung aus Konservativen und Rechtsliberalen.

Die schleswig-holsteinische Landesregierung hat "offiziell keine Kenntnis" von solchen Plänen, sagt der stellvertretende Regierungssprecher Rainer Thumann: "Deshalb können wir das auch nicht kommentieren." Vor allem in den Tourismus-Orten an der Ostsee indes schrillen bereits die Alarmglocken. "Das ist grotesk", sagt Volker Popp, Bürgermeister von Timmendorfer Strand und Vorsitzender des schleswig-holsteinischen Tourismusverbandes: "Auf einer Atommüllhalde macht doch niemand Urlaub." Die Querung des Fehmarnbelt würde seit Jahren unter anderem "mit deutsch-dänischen Synergien für den Tourismus in der Region begründet", sagt Popp: "Schon solche Gedankenspiele sind schädlich."

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