Wie die Staatsanwaltschaft Stade mit rechter Gewalt umgeht
: Ermittlungen eingestellt

Spritzer an den Wänden, Blutlachen auf dem Boden: Im Hausflur waren die Spuren der Auseinandersetzung zu sehen. Fünf Monate ist es her, dass hier, im niedersächsischen Wistedt (Kreis Harburg), junge Rechtsextreme auf anders gesinnte Jugendliche eingeprügelt hatten. Unlängst nun kam das Gerücht auf, die Ermittlungen in der Sache würden eingestellt. Ein Gerücht, das die Staatsanwaltschaft in Stade nun bestätigt – „mangels Tatnachweisen“, sagt Pressesprecher Kai Thomas Breas der taz, werde nicht mehr ermittelt.

Unter den damals Geschädigten löst das nicht nur Verwunderung aus. „Unglaublich“, sagt Frank Mayer (Name geändert) – „und das, obwohl die mit Spaten und Stahlrohren auf drei von uns eingeschlagen haben“. Ein Opfer erlitt einen Nasenbeinbruch und eine Amnesie. Ein weiteres Opfer zog sich Platzwunden im Gesicht zu, beim dritten war eine Armsehne gerissen.

Eigentlich hatte die Gruppe am Abend des 23. Mai eine Party besuchen wollen, deren Gastgeber zuvor schon öfter von Rechtsextremen angegangen worden war. An jenem Abend, erzählen Besucher, sollen rund fünfzehn rechte Kameraden versucht haben die Wohnung zu stürmen.

Aus den Akten, die der taz vorliegen, wird deutlich, das die Polizei danach durchaus energisch ermittelte – allerdings gegen die Opfer. In den Vernehmungen hatten die mutmaßlichen Angreifer einhellig erzählt, elf Hausnummern weiter selbst auf einer Party gewesen zu sein. Etwa sieben von deren Gästen seien beim Zigarettenholen ihrerseits Opfer von Attacken geworden. Den Akten zufolge glaubte die Polizei diesen Aussagen von Anfang an.

Das Vorgehen der Stader Ermittler dürfte „die rechte Szene ermutigen“, befürchtet Helge Limburg, rechtspolitischer Sprecher der Grünen im niedersächsischen Landtag. Es sei ein fatales Signal – in einer Region, in der Rechtsextreme immer wieder Übergriffe verüben.

Hinweis: ANDREAS SPEIT arbeitet als freier Journalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland