ATOMKRAFTGEGNER: Ausstieg ist nicht gleich Ausstieg

Selbst die CDU bringt der BUND gerade gegen AKWs auf die Straße. Einigen Protestfraktionen fehlt dabei die grundsätzliche Kritik am Kapitalismus.

Teil einer heterogenen Bewegung: Einige möchten neben den Atomkraftwerken auch gleich den Kapitalismus abschalten. Bild: DPA

Breiter geht es kaum: 7.000 Menschen sind am Samstag in Bremen einem Aufruf des BUND gefolgt und haben gegen Atomkraft demonstriert. Und zu den Grünen-Fahnen und jenen mit der Anti-Atom-Sonne gesellten sich sogar Banner der CDU. Das Thema hat Konjunktur wie nie. Doch nicht alle Atomkraftgegner haben ungetrübte Freude an der großen Zahl. Mancher fragt sich, wie viel politischer Gehalt bleibt, wenn eine soziale Bewegung derart im Mainstream aufgeht.

Seit vielen Jahren streitet in Bremen das Anti-Atom-Forum (BAAF) mit radikaler Technologiekritik nicht nur für den Atomausstieg, sondern für ein Abkehr vom kapitalistischen Wirtschaften insgesamt. "Ich finde es erstaunlich, wie wenig Klartext gesprochen wird", sagt BAAF-Sprecher Johan Bergman mit Blick auf die aktuelle Anti-Atom-Debatte. Tepco versuche die Löcher im Reaktor mit Sägemehl und Kunstharz zu schließen. "Wenn wir vor einem Jahr so eine Karikatur auf die Atomkonzerne gemacht hätten, hätte uns alle ausgelacht." Doch niemand benenne heute, dass Fukushima Ausdruck kapitalistischer Verhältnisse sei. Zwar wolle man keine politische Konfrontation mit dem BUND, aber es sei "wichtig, die Unterschiede offen zu benennen, und nicht so zu tun, als ob es die nicht gebe." Die Ausrichtung des großen Naturschutzverbandes sei eine ganz andere. "Der würde das Wort ,Kapitalismus' nie in den Mund nehmen. Denen geht es immer nur um Reform." Im BAAF herrsche "Einigkeit, dass wir da grundsätzlicher rangehen müssen", sagt Bergman.

Seine Gruppe ist vor einiger Zeit mit dem Bremer Klimaplenum fusioniert. Mit dem ist auch der Bremer BUND assoziiert. Dessen Geschäftsführer Martin Rode sieht allerdings keine grundsätzlichen Differenzen. Seine Position beschreibt Rode als "konzernkritisch" - und meint damit die vier großen Stromkonzerne und AKW-Betreiber. Jedoch gebe es in der "heterogenen" Anti-Atomkraft-Bewegung auch "deutlich überzogene Ansätze von Kapitalismuskritik". Man suche nach "gangbaren Lösungen", so Rode.

Und so ruft der BUND zum "kritischen Dialog" mit der SWB auf - mit der man im Gespräch stehe. Die SWB werde weiterhin der "wesentliche Akteur" in Bremen bleiben - deswegen müsse man ihn "umorientieren".

Zugleich ruft der BUND nicht zu den allmontäglichen Mahnwachen auf dem Marktplatz auf. Man dürfe die Leute "nicht überfordern", müsse die Bewegung angesichts der anstehenden "massiven" Auseinandersetzungen um die Energiewende "bündeln und fokussieren". Der BUND will deshalb lieber gemeinsam mit anderen am Ostermontag in einer Großaktion das AKW Unterweser umzingeln.

Das wiederum ist dem Klimaplenum "zu statisch", sagt Bergman. "Gegen solche Menschenketten haben wir Vorbehalte. Da stehen die Leute einfach nur herum." Viel mehr Sympathien hat er hingegen für die gerade bundesweit diskutierten Pläne, eine mögliche Wiederinbetriebnahme der AKWs am Ende des Moratoriums im Juni zu blockieren. "Da sind alle Spektren mit dabei und das finden wir auch gut. Über das ,wie' muss allerdings noch geredet werden."

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