ABWASSER-GEBÜHREN: Privatisierung war ein Fehler

Die Privatisierung des Abwasser-Bereiches war falsch, sagen SPD und Grüne heute. Seitdem ist der Abwasser-Preis hoch - nicht nur wegen der Mehrwertsteuer.

Abwasser ist in Bremen teuer. Das Klo rausschmeißen ist aber auch keine Lösung. Bild: dpa

Wer, so erklärte der Abgeordnete der Linkspartei Klaus-Rainer Rupp gestern in der Bürgerschaft dem CDU-Politiker Jörg Kastendiek, nicht bereit ist, frühere Auffassungen bei Bedarf zu überdenken, sei ein "ideologischer Dogmatiker". Kastendiek hatte gebetsmühlenartig daran erinnert, dass Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) einmal der Handelskammer zugesagt hatte, dass in der Abwasser-Rechnung die Mehrwertsteuer ausgewiesen werden sollen, damit die als Vorsteuer abgesetzt werden kann. Dafür müsste die Stelle, die die Rechnungen schreibt, in Form einer GmbH organisiert sein. Auf die Bedenken gegen diesen Schritt ging Kastendiek mit keinem Argument ein.

Die Debatte um die komplizierte Abwasser-Problematik brachte dennoch klare Aussagen. Der grüne Fraktionsvorsitzende Matthias Güldner etwa versicherte, die Privatisierung sei 1999 "ein großer Fehler" gewesen, "niemand" in der derzeitigen Koalition würde das wieder so machen. Denn nicht nur für die Unternehmen in Bremen seien damals die Preise für das Abwasser um rund 30 Prozent gestiegen, auch für die privaten Haushalte. Und nur weil die zehn Jahre privat organisierte Abwasser-Entsorgung nicht besonders preiswert sei im Städtevergleich, werde über Kostenentlastung geredet.

Warum ist das Abwasser in Bremen so teuer? Ausgerechnet der Liberale Magnus Buhlert erklärte, der damalige Vertrag enthalte "sehr, sehr viele Vorteile für Hansewasser" und "sehr, sehr viele Risiken für die Stadtgemeinde". Grundsätzlich war auch Buhlert dafür, dass den Unternehmen die Möglichkeit geboten werde, die Mehrwertsteuer abzusetzen - aber das aus einer GmbH-Rechnung entstehende Risiko, dass nämlich ein Gericht die Preise überprüft und für zu hoch befinden könnte, das müsse Hansewasser tragen. Dass in diesem Falle die Stadtgemeinde der Firma die überhöhten Gebühren garantiert - "das geht nicht an". In diesem Punkt immerhin stimmte der FDP-Politiker so der Koalition zu und damit einer "großen Hürde" (Güldner): Bisher hatte sich Hansewasser strikt geweigert, das kartellrechtliche Risiko zu tragen.

Die Entsorgung des Abwassers ist in Deutschland eine kommunale Aufgabe. In Bremen erhebt seit 1999 die Kommune über den Eigenbetrieb BEB die Gebühr und reicht sie weiter an die Firma Hansewasser - Hansewasser ist eine Dienstleister-Firma.

Hansewasser zahlt wie jedes Unternehmen Mehrwertsteuer, stellt die der Stadt in Rechnung - die gibt sie in den Gebührenbescheiden weiter, ohne sie auszuweisen.

Das könnte die Stadt nur, wenn sie über eine "GmbH" die Abwassergebühren als Entgelte in Rechnung stellen würde.

Hätte man die Privatisierung nicht gemacht, so argumentierte Rupp, so müsste heute niemand Mehrwertsteuer zahlen - auch Privathaushalte nicht. Aber die Stadtgemeinde hatte 1998 knapp 900 Millionen Mark dafür bekommen, dass Hansewasser die Abwasser-Entsorgung für 30 Jahre übertragen wurde. Dieses Geld holt sich Hansewasser über die Gebühren dieser 30 Jahre natürlich zurück - im Durchschnitt 15 Millionen Euro im Jahr. Bei rund 80 Millionen Euro Gebührenaufkommen macht allein das 12 Prozent des Abwasser-Preises aus. Rund 15 Millionen Euro zahlt Hansewasser als Firma an Mehrwertsteuern. Dazu kommen rund 15 Millionen Gewinnausschüttung im Jahr - von der übrigens die Stadtgemeinde, obwohl sie 25 Prozent der Anteile hält, vertragsgemäß nichts sieht.

Das bedeutet: Der Abwasser-Preis könnte rund ein Drittel niedriger sein, wenn er damals nicht privatisiert worden wäre. Dass der Bremer Abwasserbetrieb nach der Privatisierung so deutlich effektiver arbeitet als die kommunalen Betriebe anderswo, ist am Preis nicht zu erkennen: München oder Münster zum Beispiel kommen mit Abwasserpreisen aus, die um ein Drittel billiger sind als die in Bremen.

Bevor er der "Abwasser-GmbH" zustimmen kann, so unterstrich Umweltsenator Reinhard Loske (Grüne), möchte er nicht nur das kartellrechtliche Problem geklärt haben. Hinzu kommen die Sorgen des Wasserverbandstages e.V. oder des Städte- und Gemeindeverbandes, die die Gefahr sehen, dass nach einem bremischen Vorpreschen Richtung privater Abwasser-Preise die Mehrwertsteuerpflicht nach EU- und Finanzrecht überall drohen könnte. "Können wir das Risiko ausschließen?", das wäre die rechtliche Frage, die beantwortet werden müsste, so Loske.

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