DIE LINKE NACH DER WAHL: Von Ohrfeigen und Schuldzuweisungen

Nach den enttäuschenden Wahlergebnissen streitet die Linkspartei um Analysen und Konsequenzen. Der Landesvorstand darf bleiben, Kristina Vogt soll alleinige Fraktionschefin werden

Soll alleinige Fraktionschefin werden: Kristina Vogt (Die Linke) Bild: JAN ZIER

Im Grunde genommen fühlt sich "Die Linke", jetzt, nach der Wahl, wichtiger denn je. Schließlich, so sagt ihr Landessprecher Christoph Spehr, stehe in den kommenden vier Jahren "eine lange Latte an sozialen Auseinandersetzungen" an. Solche, "die sich zuspitzen". Spitzenkandidat Klaus-Rainer Rupp will gar Proteste ähnlich denen in Griechenland oder Spanien "auf die Straße bringen". Weil aber "Die Linke" bei den jüngsten Wahlen nicht so abgeschnitten hat wie gedacht, zumindest aber erhofft, geht es darum jetzt erstmal nicht.

5,6 Prozent der Stimmen bei der Landtagswahl, ein Minus von 2,8 Punkten verglichen mit 2007. Fraktionsstärke und fünf Mandate im Parlament, aber keines mehr aus Bremerhaven. Das sind die Vorzeichen, unter denen der Landesparteitag am Sonntag stand. Es war nochmal ein Tag der Abrechnung.

Einer hält ein selbst gebasteltes Schild hoch, auf dem in roten Lettern "33 % Verlust" steht. Landessprecherin Cornelia Barth spricht von einer "Ohrfeige für Partei und Fraktion", Spehr lieber von einer "zweiten Chance". Der von der Parteibasis mehrmals formulierten Forderung, doch zurückzutreten, wollte Barth aber ebenso wenig nachkommen wie Spehr. Erst für Oktober wollen sie Neuwahlen ausrufen. Ein Antrag, den Landesvorstand sofort abzuwählen fand keine Mehrheit - nur 22 Delegierte stimmten dafür, 37 dagegen.

Nur einer hat schon mal seinen Hut genommen: Dieter Nickel, Geschäftsführer der Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten (NGG) in Bremen, bis vor kurzem Mitglied im Landesvorstand der Linkspartei. Er nennt das Wahlergebnis eine "Katastrophe", attestiert seiner Partei ein "Bild von Zerstrittenheit und Chaos", der Basis mangelnde Beteiligung am Wahlkampf. Aber das Problem der Linkspartei, sagt Nickel, sei vor allem das "Unwesen der Beutegruppen", die Einzelne wahlweise beförderten oder beschädigten, mit jedem Mittel um Macht und Pöstchen kämpften. Nickel gibt zu, selbst Teil dieser "Beutegruppen" gewesen zu sein und auch die Presse offen angelogen zu haben. Nun bat er um Entschuldigung bei jenen, die er "benutzt" habe. Namen wollte er aber nicht nennen.

Aber auch die bisherige, anfänglich sieben- zuletzt aber nur noch fünfköpfige Fraktion wurde immer wieder heftig kritisiert, etwa von Kristina Vogt, der Spitzenkandidatin. Immer wieder war da vom "zerschnittenen Tischtuch" die Rede, das Partei und Fraktion trenne, von fehlender Unterstützung der Fraktion für die Arbeit in den Stadtteilen. "Die Fraktion hat teilweise gute Arbeit gemacht", verteidigte sich der bisherige Fraktionschef Peter Erlanson, das "aber nicht nach außen transportiert". Er, der von seiner Partei zuerst geschasst, mit Platz zwölf auf der Liste abgestraft, aber vom Volk wieder ins Parlament gewählt wurde, gab sich nun "stolz", aber selbstkritisch: "Ich habe meine Lektion gelernt". Dafür gab's einen Applaus von der Partei.

Für die Zukunft sollen mehrere Bürgerbüros in den einzelnen Stadtgebieten Besserung bringen, auch über ein Volksbegehren zur "Entwidmung" der Häfen für atomare Strahlenfracht wird nachgedacht. Und Kristina Vogt versprach der Basis mehr Mitsprache - bis hin zur Frage des Fraktionsvorsitzes. Die entschied daraufhin: Vogt soll es werden. Ganz alleine. Rupp und Erlanson dürfen nur Stellvertreter werden.

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