Immer mehr Güterverkehr: Wer mag schon Bahnlärm

Der Krach soll trotz wachsenden Hafenumschlags weniger werden. So wollen es Bremer Bürgerschaft und Bürgerinitiativen. Entschieden wird aber woanders.

Gut für die Umwelt, schlecht fürs Gehör: In der Stadt wird die Lärmbelastung durch Güterverkehr zunehmen, wenn nichts geschieht. Bild: dpa

Einstimmig beschloss gestern die Bürgerschaft, dass sich der Senat beim Bund für weniger Lärm durch Schienenverkehr einsetzen solle. Das ist ganz im Sinne der Bahnlärm-Initiative Bremen, die gleichzeitig gestern die Ergebnisse ihrer Politikerbefragung vorstellte: Die KandidatInnen haben sich auch da für leiseren Schienenverkehr ausgesprochen. Warum auch nicht - entscheiden können sie auf Landesebene ohnehin nur wenig, denn die Bahn gehört dem Bund.

Durch Bremen fließt der gesamte Güterverkehr mehrerer großer Nordsee-Häfen. Der wird weiter zunehmen, sich durch den Jade-Weser-Port womöglich gar verdoppeln. Politisch ist das so gewollt, denn Schienenverkehr ist umweltfreundlich und wirtschaftlich. Und laut - wenn man an der Strecke wohnt.

"Inzwischen ist das Thema auch bei den Abgeordneten angekommen", sagt Angelina Sörgel von der Bahnlärm-Initiative.

In der Bürgerschaft gab es gestern zur Bahnlärmreduzierung neben dem Antrag von SPD und Grünen auch einen der CDU und einen der FDP. Die Linke stimmte gleich allen zu, "um die Chancen zu erhöhen, überhaupt etwas zu erreichen", so der Linken-Abgeordnete Klaus-Rainer Rupp.

Die Bürgerinitiative hatte von 35 KandidatInnen Antworten auf ihren Katalog mit 19 Fragen zum Thema Bahnlärm bekommen - ob die Politiker etwa für Tempolimits seien, Nachtfahrverbote befürworten oder die Einführung lärmabhängiger Trassenpreise, bei denen also leise Züge für die Durchfahrt weniger zahlen müssten.

Am großzügigsten waren dabei Linke und SPD - sie beantworteten die meisten Fragen im Sinne der Bürgerinitiative. Doch im Bund ist die SPD zur Zeit nicht verantwortlich: Die DB Netz AG betreibt die Infrastruktur und gehört dem Bund.

"Vor allem die nächtlichen Güterzüge sind das Problem," sagt Ulrich Johanningmeier von der Hemelinger "Bürgerinitiative Lückenloser Lärmschutz". Doch dagegen haben die Anwohner kaum Handhabe: Nur beim Neubau von Strecken oder "wesentlichen Veränderungen" bestehe für sie überhaupt ein Rechtsanspruch auf Lärmschutz. Daher fordert die Bürgerinitiative nun eine Stärkung ihrer Rechte, ebenso wie die Ausweitung der Lärmsanierung und technischen Verbesserung von Waggons und Schienen.

All das aber sind Entscheidungen, die nicht vom Land getroffen werden - bei den Bremer BürgerschaftskandidatInnen gleichwohl mehrheitlich Unterstützung fanden. Nur die CDU sei zögerlich, sagte Johannigmeier. "Immer wenn es um Rechtssicherheit, Gesetzesänderungen oder Finanzierung geht, ist die CDU dagegen." Zurückhaltung bei Maßnahmen, die den Güterverkehr einschränken hätten allerdings auch KandidatInnen der Grünen gezeigt. - offenbar aus Sorge um die Wettbewerbsposition der Bahn.

Diese Sorgen hat die Bahn auch: "Tempolimit und Nachtfahrverbot sind eine große Einschränkung der Kapazität," sagte eine Bahn-Sprecherin. "Die Alternative ist der LKW." Die Bahn arbeite "vielerorts an der Verringerung der Lärmbelastung."

Wie hoch die ist, ist allerdings unklar. Denn bislang wird der Lärm nur errechnet, nicht gemessen. Das soll sich nun ändern - auch dies beschloss gestern die Bürgerschaft. Die Grünen erhoffen sich von künftigen Lärmmessungen bessere Argumente, um Maßnahmen gegenüber der Bahn durchzusetzen. Auch eine Studie über alternative Streckenführungen soll es geben, um zu prüfen, ob der Güterverkehr auch abseits von dicht besiedelten Stadtgebieten entlang führen kann.

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