Kürzungen: Aufstand der Uni-Präsidenten

SPD überbietet schwarz-grüne Sparpläne bei den Hochschulen. Uni-Präsident Dieter Lenzen verweigert die Umsetzung und fordert ein Gespräch mit dem Bürgermeister.

Noch nicht eingerechnet: Mindereinnahmen durch die geplante Abschaffung der Studiengebühren. Bild: dpa

HAMBURG taz | Auf die sechs staatlichen Hochschulen kommen gravierende Kürzungen zu. Davor hat Michael Stawicki, der Vorsitzende der Landeshochschulkonferenz, am Mittwoch gewarnt. "Als uns Frau Stapelfeldt von der Sparklausur informiert hat, war das Entsetzten groß", sagte der Präsident der Hochschule für angewandte Wissenschaft (HAW).

Im Wahlkampf hatte die SPD der Wissenschaft noch eine "solide Finanzierung" versprochen. Nun stellt sich heraus: Es bleibt bei den Einsparungen, die Schwarz-Grün für 2011 beschlossen hatte. Und es kommen neue hinzu.

"Während der Etat der Stadt um ein Prozent erhöht wird, erfährt die Wissenschaft eine Absenkung von zehn Prozent", sagte Uni-Präsident Dieter Lenzen. "Das erweckt den Verdacht, dass die Wissenschaft die Erhöhung der anderen Ressorts finanzieren soll."

Der Wissenschaftsetat soll 2011 786 Millionen Euro betragen, davon 536 Millionen für die Hochschulen.

Globale Minderausgaben in Höhe von 12,8 Millionen Euro sind eingeplant. Ein Teil davon muss durch Stellenabbau erbracht werden. Stadtweit will die SPD jedes Jahr 250 Stellen abbauen.

Die Uni hat ein Budget von 224 Millionen Euro und 3.138 Stellen. Sie fürchtet den Wegfall von 400 Stellen.

Die Studiengebühren sollen ab Herbst 2012 wegfallen. Die Hochschulen bekommen die Einnahmen ersetzt. Unklar ist, woher die fehlenden neun Millionen Euro nächstes Jahr kommen sollen. Ab 2013 sollen sie aus dem Gesamthaushalt finanziert werden.

Lenzen addiert die Kürzungen, die im Herbst 2009, im Herbst 2010 und jetzt beschlossen wurden und kommt auf eine Budgetsenkung von 20,3 Millionen Euro allein für die Universität. Da in der Verwaltung maximal 1,5 Millionen Euro in zehn Jahren zu sparen wären, treffe der Rest von 18,5 Millionen Euro die Wissenschaft. Das entspreche 400 Stellen à 50.000 Euro.

Konkret bedroht sind nach Schilderung der Dekane Fächer wie Psychologie, Zahnmedizin oder Informatik. 2.900 Studienplätze fielen weg - und das angesichts doppelter Abitur-Jahrgänge und des Endes der Wehrpflicht. An der HAW sind laut Stawicki 50 Professuren und bis zu 1.000 Studienplätze gefährdet.

Zusätzlich fällt der Inflationsausgleich weg, den der frühere CDU-Senat von 2007 bis 2011 zugesichert hatte. Der frühere FU-Präsident Lenzen sagte, er fühle sich auch persönlich getäuscht. Er sei aus Berlin mit der Zusage weggelockt worden, es gebe bis 2014 ein "konstantes Budget".

Uni-Präsidium und Dekane weigern sich, die Kürzungen aktiv umsetzen. "Die Schließung von Fächern soll der politische Senat selber übernehmen", sagte Lenzen. Man prüfe, die universitären Museen, den Botanischen Garten und das Kontaktstudium für Erwachsene zu schließen. Auch die Beteiligung an der Nacht der Wissenschaft werde abgesagt. Solange die Kürzungen nicht zurückgenommen würden, sei das Präsidium nicht bereit, mit dem Senat über Ziel- und Leistungsvereinbarungen zu verhandeln. Lenzen fordert Bürgermeister Scholz auf, "mit uns über die Folgen zu reden".

SPD-Wissenschaftssenatorin Dorothee Stapelfeldt hatte bereits am Vorabend die Presse informiert und erklärt, sie wünsche eine "offene und transparente Diskussion". Viel Spielraum sieht sie aber nicht. Zusätzlich zu der Senkung des Etats von 25 Millionen Euro, die Schwarz-Grün plante, müsse ihre Behörde eine "globale Minderausgabe" von knapp 13 Millionen Euro erbringen. Stapelfeldt: "Das betrifft alle Behörden".

Einige kleinere Kürzungen, beispielsweise 400.000 Euro für die Förderung internationaler Studierender, habe sie durch "Umschichtungen" zurücknehmen können. Aber schon für den Erhalt des 2,3 Millionen Euro Mensa-Zuschusses habe es "keine Chance" gegeben.

Die GAL-Politikerin Eva Gümbel warf der SPD vor, ihre Wahlversprechen zu brechen. Ihr CDU-Kollege Thilo Kleibauer erinnerte daran, dass das Wissenschaftsbudget unter der CDU gewachsen sei: Stapelfeldt müsse für ihr Ressort "kämpfen".

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