Sanierungstopf: Stadt sponsert Ikea

Die Eigentümer des Neuen Forums in der Altonaer Großen Bergstraße setzen die Stadt unter Druck: Sie müssen einwilligen, damit nebenan Ikea bauen kann.

Versperrt diesen Ausblick bald eine blaue Wand mit schwedischen Möbeln dahinter? Bild: Lena Kaiser

Das Neue Forum in Altonas Großer Bergstraße ist derzeit eine Baustelle, doch von Montag an könnte es für die Bewohner ungewohnt ruhig werden. Wie vergangene Woche bekannt wurde, ist die Bauleitung seit Freitag vakant. Und solange es keine neue gibt, wird das Bauamt die Baustelle schließen, auf der der Betonkoloss seit August 2009 asbestsaniert wird.

Die Kosten für die Sanierung dürften für das Wuppertaler Investoren-Ehepaar, das das Gebäude im September 2008 gekauft hat, höher ausfallen als erwartet. Die Bauaufsicht habe einen "Antrag auf Ausnahme vom Verwendungsverbot" mit dazugehöriger Einstufung der Sanierungsdringlichkeit abgelehnt, sagt Bezirksamtssprecher Nils Fischer. Damit ist die - in der Ausführung wesentlich kostengünstigere - Idee vom Tisch, das Asbest in dem Gebäude zu belassen und mit Rigips-Platten abzudichten.

Doch die Investoren des Neuen Forums sind derzeit in einer guten Verhandlungsposition: An ihnen hängt derzeit die Entscheidung, ob Ikea sich auf dem benachbarten Frappant-Grundstück ansiedeln wird. Denn als östlich angrenzender Nachbar obliegt es den Eigentümern des Neuen Forums, dem Neubauvorhaben zuzustimmen. Weil zwischen den Gebäuden nur ein kleiner Durchgang von wenigen Metern sei, würde Ikea die angrenzenden Wohnungen total verschatten, sagt der Linkspartei-Bezirkspolitiker Robert Jarowoy. Das gehe nur mit Einwilligung der Eigentümer.

"Als Druckmittel" hätten die Forum-Eigentümer ihre Zustimmung bislang zurückgehalten, sagt der Vorsitzende des Ikea-Sonderausschusses Sven Hielscher (CDU). Mittlerweile gebe es aber einen ausgehandelten Vertrag "in dessen Zuge die Eigentümer hohe Sanierungsmittel für die Asbestsanierung aus öffentlichen Geldern bekommen, und im Gegenzug wird die nachbarschaftliche Zustimmung gegeben". Ein städtebaulicher Vertrag zwischen der Stadt, Ikea und den Forums-Eigentümern solle Mitte Juni unterschrieben werden.

Nachdem der Senat die Ikea-Planung an sich gezogen hat, ist die Stadtentwicklungsbehörde für das Ikea-Genehmigungsverfahren zuständig. Gleichzeitig verhandelt die Behörde über die Vergabe der Sanierungsgelder an die Forum-Eigentümer. Die nachbarschaftliche Einverständniserklärung, die diese zum Ikea-Bau abgeben müssen, sei eigentlich eine Sache zwischen ihnen und Ikea, sagt der Links-Abgeordnete Jarowoy. In einem städtebaulichen Vertrag habe sie normalerweise nichts zu suchen. Es müsse es sich um eine "Sondervereinbarung" handeln.

"Wir wissen, dass es eine Einigung zwischen Forum und Stadt gegeben hat", sagt Gesche Boehlich (GAL). Im Sonderausschuss sei aber nicht explizit gesagt worden, dass die Stadtentwicklungsbehörde Mittel aus dem Sanierungstopf bereitstelle. "Sie hätte die Gelder ja auch aus anderen Töpfen bereitstellen können." Allerdings seien die Mittel ja für solche Bauvorhaben da, und jeder Grundeigentümer könne einen entsprechenden Antrag stellen. Nach dem Sanierungsgesetz sei er dann an Auflagen bei der Veräußerung und bei den Mietpreisen gebunden, "weshalb vor allem kleinere Bauherren diese Gelder nicht so gerne in Anspruch nehmen", sagt Boehlich. Aber für die Forums-Eigentümer sei das "interessant".

Damit die Asbestsanierung aus dem Sanierungstopf finanziert werden könne, müssten die Eigentümer allerdings glaubhaft machen, dass sie zum Zeitpunkt des Kaufes nichts über den Asbestbestand des Gebäudes wussten, so Boehlich. "Hätten sie davon gewusst, hätten sie seinerzeit den Kaufpreis mindern müssen."

Während für Boehlich mit der Vertragsunterzeichnung über die Grenzbebauung zwischen Forum und Ikea alles in "trockenen Tüchern" ist, prüft die Linkspartei derweil, ob sie gegen das Bauvorhaben klagen wird. Denn dieses stelle das Baugesetzbuch und die Sanierungsziele "offensichtlich auf den Kopf".

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