Erinnerung: Stück Geschichte ausgeblendet

Polizeimuseum will Verbrechen während der NS-Zeit ausblenden. Linkspartei fordert, Geschichte des Reserve-Bataillons 101 zu zeigen, das 38.000 Juden umbrachte.

Keine bloße Kuriositätensammlung soll Hamburgs Polizeimuseum werden, findet die Linksfraktion: In der Polizeihistorischen Sammlung Sachsen-Anhalt. Bild: dpa

Für Polizeipräsident Werner Jantosch ist es ein Prestigeobjekt, das er zur Chefsache erklärt hat: Das jüngst wieder eröffnete Polizeimuseum. Im Ex-Wehrmachtskasino in der heutigen Landespolizeischule Carl-Cohn-Straße entsteht zurzeit auf 1.400 Quadratmetern Ausstellungsfläche die Präsentation der Requisiten-Sammlung. Doch einige Kapitel der Hamburger Polizeigeschichte möcht Jantosch offenkundig nicht zeigen. Die Linkspartei hat daher in der Bürgerschaft den Antrag gestellt, auch die Geschichte des Reverse-Bataillon 101 in den Ausstellungs-Parcours des Museums aufzunehmen.

Das beherbergt inzwischen über 5.700 historische Exponate - unter anderem Uniformen, Artefakte, Mordinstrumente, Tatort-Requisiten, Filme und Videos. All dies sollte bislang überwiegend für die Lehrausbildung von Polizisten verwandt werden. In den sechziger Jahren hatte es sogar eine Fernseh-Krimiserie gegeben, die anhand der Requisiten des Hamburger Museums die jeweilige Story des Verbrechens erzählte.

Später kamen weitere Stücke hinzu: Die Mordwaffen des Frauenmörders Alfred Honka etwa oder die Schusswaffe, die die Rechtsanwältin Isolde Oechsle-Misfeld für ihren Geliebten ins Polizeipräsidium schmuggelte und mit der der Berufskiller Werner Pinzner den Staatsanwalt und anschließend sich selbst erschoss. Nur einmal - vor fünf Jahren - war die Ausstellung kurz der Öffentlichkeit zugänglich gewesen.

Das soll nun anders werden: "Das Polizeimuseum ist ein wertvoller Teil der Hamburger Kulturszene", sagt Kai Voet van Vormizeelle (CDU). "Durch eine einfache Dialektik können Sachverhalte für ein breites Publikum verständlich dargestellt werden."

Aber eben nicht alles: So werden die Umstände des legendären Hamburger Kessels - der Einkesselung von 861 Atomkraftgegnern auf dem Heiligengeistfeld im Jahr 1986 - so wenig gezeigt wie die Geschichte des Reserve-Bataillons 101. Das NS-Regime hatte hierfür Polizisten rekrutiert, die zu alt waren für Wehrmacht und Polizeidienst. Im Sommer 1942 hatte man die 500 Männer nach Polen geschickt, um in den Dörfern Juden aufzuspüren. Alte, Kranke, Frauen und Kinder sollten sofort erschossen werden. Sie taten es: 38.000 Juden haben die Reserve-Polizisten ermordet und mindestens 42.500 ins KZ Treblinka deportiert.

Dies sei einer der wenigen Komplexe der NS-Zeit, die wissenschaftlich ausführlich aufgearbeitet worden seien, sagen Experten. Christoph R. Browning etwa hat in einer Studie gezeigt, wie aus "normalen Männern" von der Elbe "berufsmäßige Mörder" und Kriegsverbrecher wurden.

Die Linkspartei verlangt in diesem Zusammenhang einen wissenschaftlichen Beirat. "Die Verbrechen der Hamburger Polizei in der NS-Zeit müssen im Polizeimuseum detailliert thematisiert werden", fordert auch die Auschwitz-Überlebende Esther Bejarano. Die Bürgerschaft sei deshalb dringend aufgefordert, "die Konzeption der Polizei für das Museum zu diskutieren und einen historischen Beirat für das Polizeimuseum einzusetzen".

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