Kommentar über das Centro Sociale und die Rote Flora: Tote Flora

Die Vorstellung, eine Arbeitsloseninitiative oder ein Schulverein würde sich in der Flora treffen, ist absurd. Die Flora hat es mit ihren klandestinen Strukturen geschafft, dass selbst viele, die ihr ideologisch nahe stehen, Schwellenangst haben.

"Centro Sociale" heißt das neue Stadtteilzentrum in der Schanze wohlklingend italienisch. Das ist die traditionelle Bezeichnung für besetzte Häuser, die nicht zum Wohnen benutzt werden, sondern für politische und soziale Aktivitäten der Linken - also die Genrebezeichnung für Orte wie die Rote Flora.

Warum braucht die Schanze ein Centro Sociale, wenn sie schon eine Rote Flora hat? Dort wäre genug Raum für das, was die Centro-Leute vorhaben, denn das alte Gemäuer liegt meist brach. "Mehr als eine Partylocation" sei die Flora, reklamieren die Rotfloristen fast verzweifelt auf ihrer Homepage. Aber im Juli und August machen sie gerade mal eine Veranstaltung, die weder Konzert noch Party ist. An 45 Tagen gibt es in den großen Räumen einfach - nichts.

Woran das liegt? Die Rote Flora war einst mit dem gleichen Anspruch angetreten wie heute das Centro Sociale: ein Zentrum fürs Viertel zu sein. Und in ihren besten Tagen schien sie auf dem Weg dahin. Heute ist wahrscheinlicher, dass sich das Partyvolk von der Piazza zum Amüsieren in die Flora verirrt als ein durchschnittlicher Anwohner.

Die Vorstellung, eine Arbeitsloseninitiative oder ein Schulverein würde sich in der Flora treffen, ist absurd. Die Flora hat es mit ihren klandestinen Strukturen geschafft, dass selbst viele, die ihr ideologisch nahe stehen, Schwellenangst haben - wie die Leute vom Centro Sociale. Darin liegt das Scheitern der Flora.

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Jan Kahlcke, war von 1999 bis 2003 erst Volontär und dann Redakteur bei der taz bremen, danach freier Journalist. 2006 kehrte er als Redaktionsleiter zur taz nord in Hamburg zurück

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