Trotzige Bekenntnisse

MINIMAL-POP Die Nuance zu finden, die Kritik vom allgemeinen Gelächter unterscheidet, ist nicht immer leicht. Die Hamburger Band „Die Charts“ versucht es – trotzdem

Die Grenze zwischen Humor und Ironie zu finden ist nicht immer leicht

VON ROBERT MATTHIES

Es ist nicht immer leicht. Zum Beispiel, die Grenze zwischen Humor und Ironie zu finden. Dass man, wenn man nach den „Charts“ sucht, von den Fachleuten im Plattenladen und von den Suchmaschinen der vernetzten Welt genau dorthin verwiesen wird, wo die Hamburger Band ganz bestimmt nie zu finden sein wird und will, mag da in Zeiten, in denen man die Rede über die Tauglichkeit des Phänomens Popkultur als Orientierungshilfe im Alltag junger und nicht mehr ganz so junger Menschen an ebenjener Grenze wird ausrichten müssen, zumindest noch bedeuten, dass man sich, am Ziel angelangt, ganz in der Nähe befindet. Im Sinne von: hoffentlich auf der richtigen Seite.

Denn was „Die Charts“ 2006 noch als Duo nur mit Klavier, Orgel und Gesang auf ihrem Debütalbum „Die guten und die schlechten Zeiten sind vorbei“ und nun auf dem Nachfolger „Chartism“ um Schlagzeug und Bass erweitert inmitten all der popkulturellen Allgemeinplätze mal mit sicherem Schritt, mal eher tastend zu suchen scheinen, ist genau das: jene Nuance, die das Kritische, die Fähigkeit zu unterscheiden, noch vom allgemeinen Gelächter unterscheidet. „Besser unglücklich verliebt in die Veränderung und: Besser arm und gerecht als gar nicht erst angekommen“, lautet da die mitunter deutliche Ortsbestimmung wie im Lied „Europaeischer Film“.

Ganz so sicher ist aber bei weitem nicht jeder Schritt auf der Suche „nach der stolzen Pose des ewigen Niedergangs guter Ideen, interessanter Meinungen und richtiger Schlussfolgerungen, nach traurigen Melodien und Wahrheiten“, die sich die vier „aus den ganzen Bands“ zusammengekarrten Chartisten im „Kampf gegen die Bedeutungslosigkeit“ respektive bei der Predigt „völliger Bedürfnis- und Bedeutungslosigkeit“ auf die zerfetzte Fahne geschrieben haben.

Dann bleibt zumindest der Trotz: „Ich hab im Chor gesungen, er kannte nur noch einen Ton. Ich bin immerhin durchs Bild gegangen im Kampf.“ Es ist nicht immer leicht.

■ Fr, 1. 10., 20 Uhr, Centro Sociale, Sternstraße 2