„Unrühmliche GAL-Tradition“

GRÜNE Heftige Personaldebatte über Schulsenatorin Christa Goetsch. Partei- und Fraktionsführung wollen erst über das Programm reden, später über Personen

„Personen zu verbrennen ist einfacher, als sich der inhaltlichen Debatte zu stellen“

ANTJE MÖLLER, FRAKTIONSVIZE

Das sei eine „zu 100 Prozent unnötige Debatte“, stellt Anjes Tjarks klar. Er sei „verwundert darüber, dass einige Grüne meinen, sie müssten jetzt eine Personaldiskussion über die Medien anzetteln“, sagt der stellvertretende Vorsitzende der GAL. Besser wäre es, den Dialog in der Partei zu führen: „Wir als Vorstand sind dazu immer bereit.“

Die taz hatte am Montag berichtet, dass eine flügelübergreifende Gruppe in der GAL eine erneute Spitzenkandidatur der Zweiten Bürgermeisterin und Schulsenatorin bei der nächsten Bürgerschaftswahl 2012 in Zweifel zieht. Nach dem verlorenen Volksentscheid über die Primarschule sei Schulpolitik „kein Gewinnerthema“ mehr. „So können wir nicht in die nächste Wahl gehen“, war zu hören.

Statt der Schulpolitik sollte die GAL besser das Thema Wissenschaft in den Mittelpunkt stellen, empfehlen die Grünen, die anonym bleiben wollen. Im Schulressort könne man „bestenfalls vier weitere Jahre verwalten“, so deren Analyse, bei Hochschulen und Forschung jedoch „können wir gestalten“.

Als „Ablenkungsmanöver einer Klüngelgruppe“ betrachtet Fraktionsvize Antje Möller diesen Vorstoß: „Personen zu verbrennen ist für Manche offenbar spannender und einfacher, als sich der inhaltlichen Debatte zu stellen.“ Allerdings habe das in der GAL „eine lange und eher unrühmliche Tradition“.

Die GAL müsse erst klarstellen, wo sie hin wolle und wofür sie auch in der jetzigen schwarz-grünen Koalition stehe, sagt ein prominenter Grüner. „Und dann brauchen wir Menschen, die diese Ziele auch emotional vermitteln können“, lautet seine kaum verhüllte Pro-Goetsch-Aussage. Über einen „Neustart“ bei Inhalten und Personen müsse man schon reden dürfen, findet ein Bezirkspolitiker. Gerade grüne SenatorInnen sollten sich häufiger fragen, wie ihre Politik „real vor Ort in den Bezirken ankommt“. Allerdings sei es „vollkommen falsch, jetzt nur an Christa rumzukritteln“.

Eine Debatte „ohne Benennung der Alternative“ sei „absurd“, sagt einer, der in der GAL als allgemein respektierte Persönlichkeit gilt. Erstens sehe er „kein anderes Spitzenpersonal als das aktuelle“, und zweitens dürften die Grünen „die Schulpolitik als zentrales Thema nicht wegen einer Niederlage in Teilbereichen der Reform hergeben“.

So sieht das auch Parteivize Tjarks. Die Verbindlichkeit des Volksentscheides bedeute doch nicht Denkverbote für die Partei. „Schulpolitik und längeres gemeinsames Lernen bleiben Thema für die GAL“, stellt er klar.

Freude und Spott provoziert die Personaldebatte der Grünen erwartungsgemäß bei ihren Gegnern. Die Initiative „Wir wollen lernen“ von Anti-Primarschüler Walter Scheuerl forderte umgehend den Rücktritt von Goetsch. Und seine schulpolitischen Bündnisgenossen von der FDP jubeln schon: „Die Grünen haben ausgegoetscht.“SVEN-MICHAEL VEIT