Das Kreuz mit den Turnerkreuzen

VERGANGENHEITSBEWÄLTIGUNG Zwei Symbole am Haupthaus des Eimsbütteler Turnvereins erinnern an Hakenkreuze. Nun ermitteln die Staatsanwälte

Bereits 2007 benannte der ETV die Robert-Finn-Turnhalle in Große Halle um. Finn war NSDAP-Mitglied und als Direktor der AG für Schmierölversorgung in die NS-Kriegswirtschaft involviert.

■ Für eine Umbenennung zweier Sportplätze nach den ETV-Führern Bosse und Sparbier – beide waren NSDAP-nah – wäre laut ETV-Chef Fechner allein die Stadt zuständig.

■ Stolpersteine will ETV-Chef Fechner vor dem Vereinsheim in das Pflaster einlassen. Die Metalltafeln sollen an jüdische Vereinsmitglieder erinnern, die von den Nazis ermordet wurden. AP / MAC

In den Streit um zwei Symbole am Hauptgebäude des Eimsbütteler Turnverbandes (ETV) kommt Bewegung. Die Hamburger Staatsanwaltschaft hat mitgeteilt, dass sie ein Ermittlungsverfahren gegen die ETV-Verantwortlichen eingeleitet hat – wegen der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.

Der Grund: Die in Stein gemeißelten Turnerkreuze an der Außenwand des Gebäudes sehen dem Hakenkreuz der Nazis erstaunlich ähnlich. Diverse antifaschistische Organisationen haben bereits gegen die weitere Zurschaustellung der Symbole protestiert, fünf Hamburger Anwälte im vorigen Oktober schließlich Strafantrag gestellt. Ob es sich tatsächlich um Haken – oder um Turnerkreuze handelt, ist nach Ansicht der Kläger dabei irrelevant. „Zum Verwechseln ähnlich ist ein Kennzeichen im Sinne des Straftatbestandes, wenn ein Unbefangener es ohne weiteres für ein Hakenkreuz halten kann“, heißt es in der Anzeige, die auch von der VVN-Bundesvorsitzenden Cornelia Kerth unterzeichnet wurde.

Der ETV-Vorsitzende Frank Fechner geht davon aus, dass kein strafrechtlich relevantes Fehlverhalten vorliegt. „Die Symbole in der Fassade der Turnhalle sind gegen 1910, zum Zeitpunkt des Baues der Turnhalle eingebaut worden. Damals waren es keine verfassungsfeindlichen Symbole“, erläutert Fechner die Position des 1889 gegründeten Vereins. Einem Gutachten des Historiker Harald Braun zufolge wurde das 1894 entwickelte Turnerkreuz allerdings bereits Ende des 19. Jahrhunderts von völkischen Turnerverbänden als antisemitisches Symbol benutzt.

Gleichwohl will der ETV die Kreuze wenn nicht entfernen, so doch kommentieren lassen. „Die angekündigte Erklärungstafel zu den Turnerkreuzen, die wir an der Fassade anbringen werden, ist in Arbeit“, so Fechner. Zudem setzt der Verein nach vielen Protesten auf die Aufarbeitung seiner Vergangenheit: „Wir haben bei dem Historiker Hannes Heer ein Gutachten beauftragt, das die Geschichte des ETV in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts aufarbeiten soll“, verrät Fechner und bekennt, dass das vereinseigene Archiv „erhebliche Lücken“ zwischen 1933 und 1945 aufweist.

Die vereinseigene Aufarbeitung geht der Bürgerschaftsabgeordneten der Linken, Christiane Schneider, nicht weit genug. Sie fordert den Traditionsverein auf, die Kreuze endlich entfernen zu lassen und eine Historikerkommission einzusetzen, die die NS-Geschichte des Vereins „umfassend aufarbeitet“.

ARNDT PRENZEL / MARCO CARI NI