Trinken, okay – aber bitte nicht draußen!

ALKOHOLISMUS Markus Schreiber, Bezirksamtschef Mitte, will übermäßigen Alkoholkonsum von Hamburgs Straßen verbannen und Trinkerräume schaffen. Eine Idee, die bei Selbsthilfegruppen auf Skepsis stößt

Der Chef des Hamburger Bezirksamts Mitte, Markus Schreiber, forderte gestern in der Bild-Zeitung erneut die Einrichtung von Trinkerräumen in Hamburg. „Viele Menschen haben Angst, an Leuten vorbeizugehen, die in Gruppen an der U-Bahn oder auf dem Bürgersteig stehen und den ganzen Tag trinken“, sagte Schreiber. „Der öffentliche Raum wird den Passanten durch diese Trinker entzogen und das muss man ändern.“

Schreiber kann sich Trinkerräume dort vorstellen. Zum Beispiel auf der Reeperbahn oder in Billstedt. „Wenn wir solche Räume hätten, könnte man auch einen Schritt weitergehen und extreme Saufgelage auf der Straße verbieten“, sagt Schreiber. Ihm schwebt ein neuer Passus im Wegegesetz vor, der das übermäßige öffentliche Trinken in größeren Gruppen untersagt. In Bremen gibt es diesen Passus schon.

Der Leiter des Büros für Suchtprävention der Landesstelle für Suchtfragen in Hamburg, Theo Baumgärtner, sieht in den Trinkerräumen kein Mittel, um den öffentlichen Alkoholkonsum in den Griff zu bekommen. Die Szene würde dadurch lediglich an andere Orte verschoben. „Aber es kann ein erster Schritt sein, die Belästigung der Anwohner zu reduzieren und einen ersten vorsichtigen Kontakt zu den Süchtigen aufzunehmen“, sagt der 51-Jährige.

In Kiel gibt es seit 2003 einen Trinkerraum, der zum Teil aus Steuergeldern finanziert wird. Ein Modell, das Schreiber sich auch für Hamburg vorstellen kann. „Wir sind aber keine Verwahreinrichtung mit dem Ziel, die Menschen von der Straße zu holen“, sagt Reinhard Böttner, Geschäftsführer von Hempels e. V., der auch den Trinkraum in Kiel betreibt.

Paul-Peter Jakobi, Vorsitzender der „Selbsthilfegruppe Freundeskreise für Suchtkrankenhilfe“ in Hamburg, hält von Schreibers Forderung nichts: „Räume zu schaffen, in denen getrunken werden darf, widerspricht unserer Philosophie von der Abstinenz.“ Man schaffe mit solchen Angeboten vielleicht ein angenehmeres und hygienischeres Umfeld für die Betroffenen, aber es bringe niemanden vom Alkohol weg. „Wenn ich damals die Möglichkeit gehabt hätte, in einem geschützten Raum in Ruhe weiterzutrinken, wäre ich nie davon losgekommen“, sagt Jakobi. „Es mag ja ein anderes Modell sein, aber Bedarf sehe ich da keinen.“ ILKA KREUTZTRÄGER