SPD nickt Senat ab

PARTEITAG Im Bürgerhaus Wilhelmsburg verliest Olaf Scholz die Namen seiner Regierung. Danach wird abgestimmt: 99,4 Prozent ja. Diskutiert wird nicht

Das Hamburger Ergebnis breche mit dem Trend zum Vielparteiensystem, sagte Scholz nicht ohne Stolz

Ob der Ort für den SPD-Parteitag gut gewählt war? Über hundert Wilhelmsburger fanden ja, so konnten sie Bürgermeister Olaf Scholz gleich deutlich machen, was sie von Verlegung und Ausbau der Wilhelmsburger Reichsstraße halten: nichts. Mit T-Shirts, auf denen „Nicht durch unsere Mitte“ stand, und Plakaten wie „Der Hamburger Süden hält zusammen“ forderten sie, das Projekt zu revidieren.

Im Bürgerhaus Wilhelmsburg rührte dann Wolfgang Kopitzsch noch ein letztes Mal an der schmerzhaften jüngeren Vergangenheit der Hamburger Sozialdemokratie: Lange her sei es, dass man den letzten Senat gekürt habe. „Das war 1997, Genossinnen und Genossen“, sagte der Leiter des Bezirksamts Nord. Danach begann das dunkle Kapitel Opposition. Dass damit endgültig Schluss sein soll, versinnbildlichte den GenossInnen ein Einspielfilmchen mit den schönsten Bildern aus dem Wahlkampf, mit Kuschelmusik unterlegt.

Der Held aus dem Video formuliert noch etwas spitzer: Es sei das erste Mal seit 1997, dass „ein SPD-Parteitag die Gelegenheit hatte, dem Senatsvorschlag des Bürgermeisters zuzustimmen“, sagte Olaf Scholz. Mehr nicht. Schließlich hatte Scholz nicht nur eine Wahl gewonnen: Das Hamburger Ergebnis breche mit dem Trend zum Vielparteiensystem, meinte er. „Man kann in Westeuropa auch ohne Mehrheitswahlrecht einen klaren Regierungsauftrag bekommen.“

Der Stadt, die ihm die Gelegenheit zu diesem Beweis gegeben hat, versprach Scholz Bekanntes: Die SPD werde den Haushalt in Ordnung bringen, sich um Wirtschaft, Hafen und Elbvertiefung kümmern und bezahlbaren Wohnraum schaffen. Die Erhöhung der Kita-Gebühren werde zurückgenommen und noch in dieser Legislaturperiode das Mittagessen in Kindergärten ebenso kostenlos wie täglich fünf Stunden Betreuung. Hamburg werde sich an der Klage gegen die AKW-Laufzeitverlängerung beteiligen. Die Stadtbahn beerdigte Scholz mit den Worten: „Es ist nicht möglich, ein weiteres Verkehrssystem zu etablieren.“ Den Schulen avisierte er „keine Strukturreformen, sondern Qualitätsverbesserungen“.

Nur noch Formsache war danach die Zustimmung zum neuen Senat: 330 Ja-Stimmen oder 99,4 Prozent bei einer Enthaltung und einer Nein-Stimme. „Einen Protest gegen dieses Wahlverfahren“ wollte die Genossin damit ausdrücken. „Ich hätte erwartet, dass die Kandidaten sich hier ordentlich vorstellen, bevor wir über sie abstimmen.“ Ihren Namen wollte sie lieber nicht sagen. JAN KAHLCKE