Unis auf der Straße

HOCHSCHULEN Studierende planen Demonstationen und ein Camp auf dem Rathausmarkt. Gehörlose fordern Barrierefreiheit für Vorlesungen

In dieser Woche gibt es 37 Vorlesungen auf der Straße. Hier Beispiele aus der Liste, die unter www.mehr-uni-hamburg.de zu finden ist:

■ Montag: Biochemie, Rathausmarkt, Treppe bei den Alsterarkaden, 8.30 bis 10 Uhr.

■ Dienstag: Geschichtslernen zum Nationalsozialismus, Stephansplatz, 8.15 Uhr.

■ Mittwoch: Polareis in Bewegung, Klima-Campus, 11 bis 12 Uhr.

■ Donnerstag: Kieferorthopädie, Spielbudenplatz, 10 Uhr.

■ Freitag: Bodenkunde, Rathausmarkt Treppe, 10 Uhr.

Kaum ein Tag, an dem sie nicht neue Appelle gegen das Sparpaket des SPD-Senats verfassen. Zum Wochenende veröffentlichten rund 840 Uni-Wissenschaftler einen Protestbrief. Zeitgleich warnten alle Gremien der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) vor den „katastrophalen Sparmaßnahmen“. In dieser Woche wollen die Hochschulen alles aufbieten, was möglich ist, um die Kürzung von bis zu 32 Millionen Euro im Wissenschaftsetat zu verhindern.

Höhepunkt ist der „Sternmarsch für die Zukunft“ aller sechs staatlichen Hochschulen am Dienstag ab Dammtor-Bahnhof und Berliner Tor. Weil der Rathausmarkt unter Bannmeilenschutz steht, wurde die Abschlusskundgebung von dort auf den Jungfernsteig verlegt. Laut Polizeipressestelle ist dieser Schutz nötig, weil im Rathaus der Wissenschaftsausschuss tagt.

Unabhängig davon plant ein „Aktionsplenum“ der Uni-Hamburg unter dem Motto „wir sind gekommen, um zu bleiben“, eine friedliche, symbolische Besetzung des Platzes mit Zelten. Am Mittwoch und Donnerstag, so der Plan, soll es dort öffentliche Vorlesungen über Fragen wie Studienfinanzierung und Haushaltskonsolidierung geben.

Um der Stadt zu zeigen, was sie an ihrer Uni hat, werden in dieser Woche auch ganz offiziell 37 Vorlesungen auf öffentliche Plätze verlegt. Zum Beispiel gibt es am Donnerstag auf dem Spielbudenplatz Vorträge über Islam, Staatsrecht und Kieferorthopädie (siehe Kasten).

Nicht vertreten in dieser Reihe sind Vorträge des Zentrums für Disability Studies (Zedis) der Uni, an dem Menschen mit Behinderungen lehren und forschen. „Der Platz, der uns angeboten wurde, war logisch nicht geeignet“, sagt Zedis-Mitarbeiter Jürgen Homann. Gehörlose oder Schwerhörige brauchen Gebärdendolmetscher oder Schriftmittler, um an Vorlesungen teilzunehmen.

Das Zedis kritisiert, dass das allgemeine Vorlesungswesen für Menschen mit diesen Behinderungen zu wenig zugänglich sei und will im Laufe dieser Woche Uni-Präsident Dieter Lenzen „1.000 Unterschriften für mehr Barrierefreiheit“ überreichen, die zusammen mit der AG Queer-Studies und der Interessengemeinschaft der gehörlosen und schwer hörgeschädigten Studierenden gesammelt wurden. Gebraucht würde ein „Disablitiy-Budgeting“ für Hilfen wie Dolmetscher, sagt Zedis-Mitarbeiterin Sabine Maaß. „Hierfür sind in der Tat nicht weniger, sondern mehr finanzielle Mittel für die Universität nötig“.KAIJA KUTTER