„Anfechtung einmalig“

Verhandlung über Schulreform-Volksentscheid

■ 33, arbeitet als Rechtsanwalt in Heidelberg. Zu den Schwerpunkten seiner Anwaltstätigkeit zählt das Verfassungsrecht

taz: Herr Lipinski, heute wird über die Anfechtung des Volksentscheids zur Schulreform verhandelt. Was war daran nicht korrekt?

Uwe Lipinski: Eine ganze Reihe. Die Volksinitiative hat bei der Unterschriftensammlung die Frage nach dem Elternwahlrecht mit dem der vierjährigen Grundschule verknüpft, was das sogenannte Koppelungsverbot verletzte. Zudem hat die Durchführung des Volksentscheids das parlamentarische Budgetrecht verletzt, da das Parlament die Kosten für die Einführung der Primarschule bereits beschlossen hatte.

Es gab zwei Vorlagen: eine von der Volksinitiative und eine von der Bürgerschaft. Sie klagen auch dagegen, dass doppelt mit Ja oder Nein abgestimmt werden konnte.

Das ist ein zentraler Punkt. Insbesondere ein doppeltes Nein war bloß eine Scheinabstimmungsvariante. Es führte zum gleichen Ergebnis wie ein Nein-Ja.

Welches ist der gravierendste Verstoß?

Die massive Verletzung des Grundsatzes der Stimmrechtsgleichheit. Nein-Stimmen hatten einen geringeren Erfolgswert als Ja-Stimmen. Theoretisch hätte eine Vorlage mit nur einer Ja-Stimme Vorsprung gewinnen können, obwohl sie doppelt so viel Nein-Stimmen erhalten hat wie die andere Vorlage.

Gibt es vergleichbare Fälle?

Nein, die Anfechtung eines abgeschlossenen Volksgesetzgebungsverfahrens ist bundesweit – in dieser Form – einmalig.

Wie schätzen Sie die Erfolgschancen ein?

Gut.

Was passiert, wenn Sie gewinnen?

Das ist eine Frage, die nur die Politik beantworten können wird. INTERVIEW: KAJ

10. 15 Uhr, Verfassungsgericht, Sievekingplatz 2, Saal 201