Gesuchter Völkermordverdächtiger in U-Haft: Deutsche Hilfe für Kongos Frieden

Der seit Anfang der Woche in Deutschland einsitzende Ruander Callixte Mbarushimana ist einer der wichtigsten Führer der Hutu-Milizen FDLR.

Gedenkstätte des Völkermordes an den Tutsi in Ruanda. Bild: dpa

GOMA taz Manche ihrer Führer waren am Völkermord an über 800.000 Menschen in Ruanda 1994 beteiligt. Ihre Kämpfer werden für Kriegsverbrechen im Kongo verantwortlich gemacht. Die ruandischen Hutu-Milizionäre der "Demokratischen Kräfte zur Befreiung Ruandas" (FDLR), die im Osten der Demokratischen Republik Kongo weite ländliche Gebiete mittels Terror kontrollieren und einen Staat im Staate aufgebaut haben, von dem aus sie Ruanda bekämpfen wollen, sind nach Jahren des Wegschauens mittlerweile Priorität der internationalen Kongo-Diplomatie. Dass der in Paris lebende Exekutivsekretär der FDLR, Callixte Mbarushimana, jetzt in Deutschland in Auslieferungshaft sitzt, hat daher Signalwirkung. "Callixte war einer der Gefährlichsten", sagt ein Diplomat in der ostkongolesischen Provinzhauptstadt Goma. "Er war der Chefideologe."

Am Montagnachmittag war Mbarushimana am Frankfurter Flughafen festgenommen worden, als er nach St Petersburg fliegen wollte. Ruanda hat seine Auslieferung beantragt.

Der Fall Mbarushimana ist kurios. Heute 44, stieß er 1992 als Computerspezialist zum UN-Entwicklungsprogramm UNDP in Ruandas Hauptstadt Kigali. Als am 6. April 1994 in Ruanda die organisierten Massaker an Tutsi durch Armee und Hutu-Milizen begannen und in den Folgetagen das ausländische UNDP-Personal evakuiert wurde, stieg Mbarushimana zum Büroleiter auf. Nach Recherchen der Menschenrechtsorganisation "African Rights" stellte er aus politischer Überzeugung die UNDP-Infrastruktur den Mordmilizen zur Verfügung. Später arbeitete er weiter für die UNO, erst in Angola und dann im Kosovo, wo er 2001 festgenommen wurde. Eine UN-Ermittlung befand, er habe in Ruanda die Ermordung von 32 Menschen geleitet beziehungsweise daran teilgenommen. Aber das UN-Ruanda-Tribunal fand das nicht wichtig genug und stellte das Verfahren 2002 ein. Danach bekam er Asyl in Frankreich, verklagte die UNO erfolgreich wegen unfairer Entlassung und widmete sich dem Aufbau der FDLR. Erst in diesem Februar nahmen die französischen Behörden Ermittlungen gegen ihn wieder auf, und Interpol setzte ihn Ende Juni auf eine neue "rote Liste" gesuchter Völkermordverdächtiger.

Die FDLR nennt seine Verhaftung in einer von ihrem Präsidenten Ignace Murwanashyaka unterzeichneten Erklärung einen "Einschüchterungsversuch". Er werde "keine Auswirkung auf die Entschlossenheit der Abacunguzi (FDLR-Kämpfer) haben". Murwanashyaka lebt in Deutschland; dass er von dort die FDLR führen darf, stößt im Kongo auf Unverständnis. Erst nach einem Deutschlandbesuch von Ruandas Präsident Paul Kagame im April wurden Ermittlungen gegen ihn wieder aufgenommen. Seitdem hatte Mbarushimana an seiner Stelle die FDLR-Presseerklärungen unterschrieben.

Im Kongo selbst scheitern Versuche, die FDLR zu schwächen. Die Idee, die ruandischen Kämpfer in andere Landesteile umzusiedeln, scheiterte unlängst an der FDLR-Forderung, danach ihre Waffen zu behalten. Die UN-Mission im Kongo hat zwar acht kongolesische Bataillone ausgebildet, um in FDLR-Hochburgen Straßen und Märkte zu kontrollieren und damit die ökonomische Basis der Miliz zu schwächen. Aber laut UN-Experten verkaufen die Soldaten den Milizen gern ihre Munition. Und in manchen Orten hat die FDLR sogar eine "Ruanda-Befreiungssteuer" eingeführt.

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