Unglück mit 153 Passagieren: "Fliegender Sarg" abgestürzt

Eine Passagiermaschine mit 153 Menschen an Bord ist im Landeanflug auf die Komoren ins Meer gestürzt. Gegen die Sicherheitsmängel gab es bereits im vergangenen Jahr Demonstrationen.

Flieger der Absturz-Airline Yemenia. Bild: dpa

PARIS taz | "Fliegender Sarg". So hieß der heruntergekommene Airbus der Fluggesellschaft "Yemenia", der zwischen Sanaa und Moroni pendelte, in der großen komorischen Community in der französischen Diaspora. Im vergangenen Jahr waren KomorerInnen in Marseille sogar auf die Straße gegangen, um gegen die mangelnde Sicherheit bei der jemenitischen Fluggesellschaft zu demonstrieren. Auch die französische Luftbehörde kannte das Problem. Im Jahr 2007 hatte sie zahlreiche Mängel bei dem Airbus A 310 der "Yemenia" konstatiert. In der Nacht zu Dienstag ist die Maschine wenige Kilometer vor Moroni mit 153 Menschen an Bord abgestürzt. Als bislang einziger Überlebender wurde ein kleiner Junge verletzt aus dem Meer geborgen. Die meisten Passagiere hatten die fatale Reise am Montag in Frankreich angetreten, darunter 66 FranzösInnen. Die erste Gruppe stieg in Roissy ein. Die zweite – wesentlich größere – kam auf dem ersten Zwischenhalt in Marseille dazu. In der jemenitischen Hauptstadt Sanaa wechselten die Passagiere die Maschine. Nach dem modernen Airbus A 330, der sie von Europa auf die arabische Halbinsel gebrachte hatte, flogen sie in dem berüchtigten Airbus A 310 weiter. Die Unglücksmaschine war im Jahr 1990 in Dienst gegangen. Zunächst flog sie für Air France. 1999 kaufte die staatliche jemenitische Fluggesellschaft "Yemenia" die Maschine. Sie war mehr als 52.000 Stunden geflogen. Am Ende einer Kontrolle in Frankreich im Jahr 2007 verlangten die Luftfahrtbehörden von "Yemenia", dass die Gesellschaft Wartungsarbeiten an der Maschine erledige und fehlende Papiere vorlege. Nach dem Absturz erklärte der französische Verkehrsminister Dominique Bussereau am Dienstag, die 2007 gestellten Anforderungen seien von "Yemenia" nie erfüllt worden und das beanstandete Flugzeug sei nach der Kontrolle nie wieder nach Frankreich gekommen. Die Fluggesellschaft "Yemenia" steht nicht auf der schwarzen Liste. Und bei den KomorerInnen in Marseille, der größten komorischen Community außerhalb des kleinen Landes vor dem südlichen Ostafrika, war "Yemenia" trotz der mehr als zwanzigstündigen Reise mit mehrfachem Umsteigen und dem hohen Preis von mehr als 1.400 Euro, ein vielfach genutzter Transportweg in den Heimaturlaub. Einer der Gründe dafür ist, dass "Yemenia" die Mitnahme von vierzig Kilo Gepäck (statt zwanzig Kilogramm) gestattet. Zugleich klagten KomorerInnen immer wieder über das Chaos an Bord. Unter anderem beschrieben sie fehlende Sicherheitsgurte und wackelnde Sitze. Nach Bekanntwerden des Absturzes kam es am Dienstag in Paris und Marseille zu Wutausbrüchen von Angehörigen der Opfer. In der komorischen Gemeinde in Frankreich kennt fast jeder Mensch jemanden an Bord der Unglücksmaschine. Vor der Küste der Komoren suchten am Dienstag Nachmittag französische Schiffe das Meer nach Opfern der Katastrophe und Wrackteilen der abgestürzten Maschine ab. Flughafensprecher in Moroni machten die stürmischen Wetterbedingungen für die Katastrophe wenige Kilometer vor der Landung verantwortlich. In Paris verschickten der Staatspräsident und der Premierminister schon am Dienstag Vormittag Beileidserklärungen. Einen Monat und einen Tag nach dem Absturz eines anderen, moderneren Airbus A 330 auf der Strecke von Rio nach Paris, über dessen Hintergründe es bislang keine Klarheit gibt, sorgt die neue Flugzeugkatastrophe wiederum mit zahlreichen französischen Opfern für ein Déjà-Vu-Erlebnis.

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