Globale Wirtschaftskrise: Kongos Bergbau kommt zum Stillstand

In der Demokratischen Republik Kongo haben die meisten Mineralienfirmen dichtgemacht, Hunderttausende Menschen haben ihren Lebensunterhalt verloren. Es drohen verbreitet Unruhen.

BRÜSSEL taz Die Demokratische Republik Kongo steckt in der schwersten Krise seit den Wahlen vor zwei Jahren - und das liegt nicht nur am Krieg. Der Bergbau, auf den die Regierung des zerstörten Landes mit 60 Millionen Einwohnern ihre Hoffnungen gründet, droht der globalen Wirtschaftskrise zum Opfer zu fallen.

In Kongos Südprovinz Katanga, wo sich einige der lukrativsten Mineralienvorkommen der Welt befinden, haben drei Viertel der Bergbaufirmen dichtgemacht, berichtet der belgische Ökonom Jan Gorus. Darunter seien fast alle privaten chinesischen Handelsfirmen der Provinz, bisher die wichtigsten Aufkäufer der von Hand geschürften Kupfer- und Kobalterze Katangas. Meist verschwanden sie über Nacht, hinterließen leere Lagerstätten und unbezahlte Rechnungen. Nun können die meisten der rund 200.000 artisanalen Schürfer Katangas ihre Produktion nicht mehr loswerden, nicht einmal zum Zehntel des früheren Preises. In den letzten Jahren hat die Vergabe großer Bergbaukonzessionen an internationale Investoren bereits zur Vertreibung vieler lokaler Bergleute geführt - nun werden auch die verbleibenden ruiniert.

Die gesamte Wirtschaft in Katanga kommt nun zum Stillstand, denn jeder Bergarbeiter ernährt mindestens zehn nahe und entfernte Verwandte. "Alles, was in den letzten zwei Jahren um die Bergbauindustrie herum entstanden war, bricht zusammen" sagt Hubert Tshiswaka, örtlicher Programmleiter der südafrikanischen "Open Society Initiative for Southern Africa". Er stammt aus Katangas Hauptstadt Lubumbashi.

Auch die großen internationalen Bergbaukonzerne sind betroffen. Tshiswaka meint, dass im formellen Sektor Katangas 30.000 Arbeitsplätze verlorengegangen sind. Katangas Kupferexporte sind seit Jahresbeginn um 70 Prozent gesunken, sagt der Minenminister der Provinz, Barthélémy Mumba Gama.

Die belgische Forrest-Gruppe hat bereits die Mine Luiswishi geschlossen, allerdings ohne die Belegschaft zu entlassen. Forrest, seit der Kolonialzeit in Katanga präsent, betreibt viel Erschließungsarbeit für andere Investoren, die jetzt aus Mangel an Finanzierung wegfällt. Der Börsenwert der Forrest-Firma "Katanga Mining" ist um 98 Prozent gefallen, eine Übernahme durch die Schweizer Handelsfirma Glencore, größter Abnehmer der Erze der Firma und ihr größter Gläubiger, steht angeblich kurz bevor. Der größte Rivale von Katanga Mining, die britische "Central Africa Mining and Exploration Company" (Camec) hat 90 Prozent ihres Börsenwerts verloren und setzt vorläufig alle Bergbauaktivitäten in der Provinz aus.

Nicht nur Katanga steckt in der Krise, sondern auch Kongos Diamantenrevier in den beiden Kasai-Provinzen im Zentrum des Landes. Diamanten sind bislang Kongos größter Devisenbringer und erwirtschaften über die Hälfte von Kongos Exporteinnahmen. Über eine Million Schürfer graben in den Diamantengebieten. Viele Gruben sind jetzt geschlossen, weil die örtlichen Handelskontore dichtgemacht haben, sagt Ost-Kasais Minenminister Athanase Muamba Kakamba Molume.

Provinzgouverneur Alphonse Ngoy Kasanji, selbst ehemaliger Diamantenhändler, ruft nun die Bevölkerung dazu auf, in die Landwirtschaft zu gehen. "Aber wie sollen sie Agrarprodukte verkaufen, wenn niemand Geld hat?", fragt er skeptisch.

Ost-Kasais Provinzhauptstadt Mbuji-Mayi ist mit drei Millionen Einwohnern die zweitgrößte Stadt des Kongo und ohnehin tief in der Krise, weil der größte örtliche Arbeitgeber, die staatliche Diamantenfirma MIBA (Minière du Bakwanga), längst pleite ist - Opfer von staatlicher Ausplünderung. In den letzten vier Jahren ist die MIBA-Diamantenförderung von 7,3 Millionen auf eine Million Karat gesunken. Im Oktober trat die 5.000-köpfige Belegschaft in den Streik, um die Zahlung von 20 ausstehenden Monatsgehältern zu erzwingen.

Weil in ganz Kongo einstige Bürgerkriegskämpfer oder demobilisierte Soldaten in die Bergwerke gezogen sind, wird nun verbreitete Unsicherheit befürchtet. "Kurzfristig rechnen wir mit sozialen Spannungen und zunehmender Kriminalität", sagt Hubert Tshiswaka. In den jüngsten Wochen wurden mehrmals bewaffnete Raubüberfälle aus der Millionenstadt Lubumbashi gemeldet, bevorzugt auf Libanesen und Chinesen.

Ein anderes Risiko ist eine erneute Welle ethnischer Pogrome. Anfang der 90er-Jahre wurden aus Katangas Minen Hunderttausende Wanderarbeiter vertrieben, die einst aus Kasai dorthin gezogen waren. Der für diese "ethnischen Säuberungen" verantwortliche Provinzgouverneur Gabriel Kyungu wa Kumwanza ist heute Katangas Parlamentspräsident. FRANÇOIS MISSER

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