Aufruhr im Kongo: Neue Rebellion gefährdet Kabila

Allianz von Ex-Bemba-Anhänger und Mobutu-Soldaten startet im Nordwesten einen"patriotischen" Aufstand gegen den Staatschef.

Joseph Kabila bei seinem Amtseid (Ende 2006). Bild: ap

BERLIN taz | Es ist eine ideale Landschaft für eine bewaffnete Rebellion: Urwald, von breiten Flussläufen durchzogen, hier und da mit savannenähnlichen Öffnungen, wo sich größere Städte befinden, die aber mit dem Rest der Welt nur über Wasser verbunden sind.

Der Nordwesten der Demokratischen Republik Kongo blieb von Kongos Kriegen zumeist verschont, aber heute ist er das Herz eines bewaffneten Aufstands, der die Regierung von Präsident Joseph Kabila direkt gefährdet.

Eine Armee namens "Widerstandspatrioten" (patriotes-résistants) hat die Verantwortung für eine Reihe bewaffneter Aufstände in der nordwestkongolesischen Provinz Equateur entlang des Ubangi-Flusses an der Grenze zu Kongo-Brazzaville übernommen.

Was Ende Oktober um den Ort Dongo als angeblicher Kampf zwischen verfeindeten Volksgruppen um Fischereirechte begann, wird vom Widerstandspatriotensprecher Ambroise Lobala Mokobe als Beginn eines Krieges "zur Zerlegung des erniedrigenden Besatzungsregimes in Kinshasa" bezeichnet. "Die Aktion der Widerstandspatrioten ist keine Rebellion", heißt es in einer Erklärung vom vergangenen Sonntag. "Eine Rebellion heißt, dass man ein legales Regime bekämpft. Aber alle wissen, wie derjenige, der sich Joseph Kabila nennt, unserem Volk aufgezwungen wurde."

Die "Widerstandspatrioten" greifen die komplette Palette der Anti-Kabila-Propaganda aus Kongos ultranationalistischem Lager auf. Der Präsident sei nicht der leibliche Sohn seines Vaters Laurent-Désiré Kabila, sondern ein ruandisches Adoptivkind. Die internationale Gemeinschaft habe ihn bei den Wahlen 2006 den Kongolesen aufgezwungen, um mit ihm die Reichtümer des Kongo ausbeuten zu können.

Mit ähnlichen Parolen hatte der einstige Rebellenführer Jean-Pierre Bemba bei den Wahlen 2006 gegen Kabila 42 Prozent erzielt und die Provinz Equateur, seine eigene Heimatprovinz und auch die von Exdiktator Mobutu, haushoch gewonnen.

Heute sitzt Bemba in Den Haag beim Internationalen Strafgerichtshof in Haft. Seine Garde ist in alle Winde zerstreut. Seine Partei MLC (Kongolesische Befreiungsbewegung) hat 2008 die Provinzregierung von Equateur unter Korruptionsvorwürfen verloren. Ex-MLC-Kämpfer und exilierte Mobutu-Soldaten in Kongo-Brazzaville sollen auch an der Basis der neuen Rebellion stehen.

Ein radikaler MLC-Flügel, der sich von Bemba losgesagt hat, macht ebenso Werbung für die "Widerstandspatrioten" wie der frühere Mobutu-Sicherheitsberater Honoré Ngbanda, der im französischen Exil lebt und für seine Brutalität zu Zeiten der Diktatur berüchtigt ist.

Die Lage ist ernst genug, dass Kabila Anfang dieser Woche die Entsendung von 600 Elitesoldaten in die Provinzhauptstadt Mbandaka ankündigte. Auch Blauhelme und Kampfhubschrauber der UN-Mission im Kongo (Monuc) sind unterwegs.

Zum Stichtag 1. Dezember zählte die humanitäre Abteilung der UNO (Ocha) 38.000 Binnenvertriebene aufgrund des Konflikts und 54.622, die über den Ubangi-Fluss ins Nachbarland Kongo-Brazzaville geflohen waren. Seither hat sich die Gesamtzahl der Flüchtlinge nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR auf knapp 120.000 erhöht.

Das Ausmaß der territorialen Kontrolle der Rebellion ist unklar. Nachdem Jugendmilizionäre Ende Oktober die Polizei aus Dongo vertrieben und über 100 Menschen getötet wurden, überließen sie den Ort Sicherheitskräften der Regierung, beanspruchen aber wieder die volle Kontrolle. Am 4. Dezember behaupteten die Aufständischen, den Ort Libenge eingenommen zu haben. "Bestätigte sich das, wäre dies der Anfang vom Ende Kabilas", zitiert die Internetzeitung Congo Indépendant einen Militär.

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