Clintons Afrikareise: Politik des erhobenen Zeigefingers

Auf den Kapverden beendete US-Außenministerin Clinton gestern ihre Tour durch Afrika. Ihr Stil war sehr anders als der von Obama im Juli. Was ist nun die US-Politik für den Kontinent?

Bei diesen Patientinnen eines Krankenhauses in Goma kaufte Hillary Clinton ein T-Shirt für ihren Ehemann. Bild: reuters

BERLIN taz | Zwischen ermutigender Kritik und oberlehrerhafter Besserwisserei ist es ein schmaler Grat. Das gilt für die Außenpolitik der Supermacht USA sowieso; besonders schwierig ist es für das Tandem zwischen Präsident Barack Obama und Außenministerin Hillary Clinton, die diese beiden Auftritte personifizieren. Für Ermutiger Obama reichte ein Kurzbesuch in Ghana am 10. und 11. Juli, um die Herzen der Afrikaner zu erobern. Für Oberlehrerin Clinton dürfte dafür sogar der Mammuttrip durch sieben Länder in elf Tagen zu wenig gewesen sein.

Der für die Außenministerin zweifellos bewegendste Moment ihrer gestern auf den Kapverden beendeten Afrikareise war der Besuch bei Opfern sexueller Kriegsverbrechen im ostkongolesischen Goma am Dienstag. Zum einzigen Mal verließ Hillary Clinton hier die Welt der Hauptstädte und Luxushotels und tauchte ein in die finstere Realität afrikanischer Kriege. Aber genau hier zeigte sich, wie schlecht die Mechanismen der Umsetzung funktionieren.

In Goma besuchte Clinton das Krankenhaus des US-Hilfswerks Heal Africa, eine der wichtigsten Strukturen zur Betreuung von Vergewaltigungsopfern in der Region. Aber dann verkündete sie vor ihren verblüfften Gastgebern, die USA wollten eine ganz neue Versorgungseinrichtung für vergewaltigte Frauen aufbauen, zusammen mit Norwegen. Eine unappetitliche Schlammschlacht zwischen Helfern um die zugesagten 17 Millionen Dollar frischen Gelder ist abzusehen. Wenn andere Aspekte der US-Pläne für bessere Regierungsführung in Afrika ähnlich unkoordiniert sind, dürfte Hillary Clintons hochfliegende Rhetorik dazu eine Bauchlandung werden.

Immerhin stieg Clinton in die schmutzige Arena afrikanischer Realpolitik hinab, während Obama sich mit der luftigen Sphäre afrikanischer Ideale begnügte. Obama hielt seine Grundsatzrede im Demokratiemodell Ghana, Clinton besuchte mit Kenia, Angola, Kongo und Nigeria vier der korruptesten Länder Afrikas, um Korruption anzuprangern. Clinton diskutierte stundenlang mit Studenten und unabhängigen Stimmen; Obama besuchte ein altes Sklavenfort und rückte damit die Geschichte seiner Familie in den Mittelpunkt.

Diese beiden Stile sind komplementär, aber Washington hat diese nicht erklärt. Clintons mutige Worte sind eine Ermutigung für verfolgte Oppositionelle, aber Konsequenzen haben sie nur, wenn Washington seine Beziehungen zu den betroffenen Regierungen überdenkt, falls diese ihr Verhalten nicht ändern. Davon allerdings war auf dieser Reise nichts zu spüren, sondern Clinton will die Zusammenarbeit ausbauen - nur eben im Hinblick auf die ambitionierteren Vorstellungen Obamas, was in der Praxis auf verschärftes Hineinreden in afrikanische Innenpolitik hinausläuft.

Es ist fraglich, ob die afrikanischen Partner das mitmachen. Sowohl im Kongo als auch in Nigeria wich die anfängliche Begeisterung über Clintons offene Art schnell der Irritation über ihren erhobenen Zeigefinger. Der Besserwisserfalle ist Hillary Clinton in Afrika nicht entkommen. Die meisten Politiker Afrikas sind zudem zutiefst sexistisch. Was eine Frau ihnen sagt, nehmen sie nicht wirklich ernst. Vor allem, wenn sie einen Chef hat.

Hätte Barack Obama Afrikas Problemfälle besucht, würden ihm die Gesprächspartner vielleicht nicht so schnell "Doppelmoral" vorwerfen, wie es jetzt eine Parlamentariergruppe im Kongo in Reaktion auf Clinton tat, oder "Uninformiertheit", so wie Nigerias Regierungspartei. Die wirkliche Arbeit zum Aufbau eines Verhältnisses zwischen einem zunehmend selbstbewussten Afrika und einer zunehmend von sich überzeugten US-Regierung steht erst noch bevor.

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