Kriegsverbrecher in Uganda weiter auf der Flucht: Rebellenchef Kony in neuer Heimat

Der mit internationalem Haftbefehl gesuchte Führer der Lord Resistance Army (LRA) aus Uganda hat sich aus dem Kongo in die Zentralafrikanische Republik zurückgezogen.

Joseph Kony, Anführer der "Widerstandsarmee des Herrn". Bild: dpa

BERLIN taz Ein Ergebnis hat die gemeinsame Großoffensive von Uganda, Südsudan und der Demokratischen Republik Kongo gegen die Stützpunkte der ugandischen Rebellenbewegung LRA (Widerstandsarmee des Herrn) im Nordosten des Kongo bisher hervorgebracht: LRA-Chef Joseph Kony hat sich in die nördlich gelegene Zentralafrikanische Republik zurückgezogen. "Kony ist irgendwo in der Zentralafrikanischen Republik", bestätigte LRA-Sprecher David Matsanga in Nairobi. Auch die übrige Militärführung der Bewegung, die für unzählige Kriegsverbrechen verantwortlich gemacht wird, sei noch vorhanden: "Das vollständige LRA-Kommando ist intakt und wurde durch die Operation nicht zerstört."

Wenn das stimmt, hat der ugandische Militärschlag gegen den vom Internationalen Strafgerichtshof per Haftbefehl gesuchten Kony ein Problem gelöst und dafür ein neues geschaffen. Zwei Jahre lang hatte die LRA nach ihrer Vertreibung aus Uganda in den Kongo die Bevölkerung des nordostkongolesischen Distrikts Haut-Uele und speziell des Bezirks Dungu terrorisiert, Dörfer überfallen, Kinder entführt und Zivilisten ermordet. So entstand im Grenzgebiet zwischen Kongo und Südsudan ein informeller Milizenstaat auf herrenlosem Territorium. Nach Erkenntnissen der UN-Mission im Kongo (Monuc) wurde die rund 1.200 Mann starke LRA, die beim Krieg gegen Ugandas Regierung von Sudans Regime unterstützt wurde, auch im Kongo weiter vom Sudan mit Waffen versorgt, darunter Boden-Luft-Raketen. Sie überfiel mehrfach grenznahe Regionen Südsudans und der diamantenreichen Zentralafrikanischen Republik.

Die multinationale Militäroperation "Lightning Thunder" (Donnerblitz) gegen die LRA, die am 14. Dezember begann, hat nun diesen Milizenstaat zerschlagen, die LRA selbst aber nicht. Ugandas regierungsnahe Sonntagszeitung Sunday Vision brachte jetzt Fotos von ugandischen Regierungssoldaten in Konys erobertem Hauptquartier "Camp Swahili" im kongolesischen Busch, komplett mit erbeuteten Waffen und sogar einer Perücke, die dem Rebellenchef gehört haben soll. Die Gemüsegärten der LRA sind jetzt ebenso unter ugandischer Armeekontrolle wie beträchtliche Waffenbestände, was auf eine ungeordnete Flucht vor den Bombenangriffen hinweist.

Nach Berichten der unabhängigen Sonntagszeitung Sunday Monitor wurde die LRA-Führung aber vorab vor den Luftangriffen gewarnt und verließ das "Camp Swahili" rechtzeitig. Während es offiziell heißt, der Verlust ihrer Infrastruktur und Lebensmittelvorräte werde die verbliebenen LRA-Kämpfer zum Aufgeben zwingen, verweisen andere Beobachter in Uganda auf die langjährige Erfahrung der LRA, im Busch zu überleben.

Nach Darstellung von Ugandas Regierung und auch vom UN-Sonderbeauftragten Joaquim Chissano, ehemaliger Präsident von Mosambik, soll der Militärschlag Kony zwingen, jetzt endlich das längst ausgehandelte Friedensabkommen mit Uganda zu unterschreiben, das er mehrmals in letzter Minute durch Nichterscheinen bei einem Unterzeichnungstermin hat platzen lassen. "Solange Kony denkt, dass er noch weitere Optionen hat, ist seine Unterschrift unwahrscheinlich", sagte Chissano dem UN-Sicherheitsrat letzte Woche. "Also müssen wir seine Optionen reduzieren." Chissano warnte aber auch: "Diese Militäraktion muss Wirkung zeigen, nicht nur militärischen Druck entfalten. Eine ineffektive Militäraktion hätte verheerende militärische, humanitäre, soziale, ökonomische und politische Folgen in der Demokratischen Republik Kongo, Südsudan, Norduganda und der Zentralafrikanischen Republik."

Derzeit sieht es eher so aus, als könnte Chissano mit seiner pessimistischen Einschätzung recht behalten. Sollte Kony sich tatsächlich in der Zentralafrikanischen Republik niederlassen, käme er in ein strukturell instabiles Land, von dem der US-Thinktank International Crisis Group erst vor zwei Wochen sagte: "Das Risiko von allgemeiner Gewalt war noch nie so groß wie heute." Französische Soldaten der EU-Mission Eufor in Tschad und der Zentralafrikanischen Republik sichern den Osten des Landes gegen aus Sudan eindringende Rebellen. Möglicherweise werden sie sich bald mit der LRA beschäftigen müssen.

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