Kongo verzichtet auf Geld: Staatseinnahmen gehen an Familie

Seit Jahren versucht die Schweiz, die Regierung des Kongo für die eingefrorenen Konten des ehemaligen Diktators Mobutu zu interessieren. Ohne Erfolg - und bald ist das Geld weg.

Legt keinen großen Wert auf geschenkte Millionen: Kongos Präsident Joseph Kabila. Bild: reuters

BERLIN taz Als Mobutu Sese Seko das Land regierte, das heute Demokratische Republik Kongo heißt und dem er den Namen "Zaire" gegeben hatte, war seine Herrschaft Inbegriff des institutionalisierten Diebstahls: Staatseinnahmen wanderten in die persönliche Kasse des Diktators, Auslandskonten, unter anderem in der Schweiz, wuchsen ins Unermessliche.

Viel war auf den Schweizer Konten nicht übrig, als Mobutu am 7. September 1997 kurz nach seinem Sturz im Exil in Marokko starb. Aber das wenige fließt demnächst zurück in die Heimat, meldeten Schweizer Medien am Wochenende. Allerdings kommt Mobutus Geld nicht dem Kongo zugute, sondern der Familie des Exdiktators. Daran ist nicht zuletzt der Kongo selbst schuld.

Rund 4,8 Millionen Schweizer Franken auf Mobutus Schweizer Konten waren am 17. Mai 1997 eingefroren worden - am Tag, als in Kongos Hauptstadt Kinshasa unter dem Jubel der Bevölkerung die Rebellenarmee von Laurent-Désiré Kabila einmarschierte und das Mobutu-Regime stürzte. Eine weitere Million wurde im August 1997 eingefroren. 2001 erbrachte der Zwangsverkauf einer Villa Mobutus in Savigny samt Inventar 5,9 Millionen Schweizer Franken. Insgesamt stehen nun nach Schweizer Angaben 8,3 Millionen Schweizer Franken (5,2 Millionen Euro) als gestohlene Gelder für die Rückübertragung an den kongolesischen Staat zur Verfügung. Die Schweiz hat schon sehr viel größere Summen Fluchtgelder an Nigeria zurückgezahlt.

Aber um die Millionen an den Kongo zu überweisen, bräuchten die Schweizer Behörden eine förmliche Anforderung von Kongos Regierung. Und die hat dazu keine Anstalten gemacht - weder in der Zeit des Bürgerkrieges noch in der Zeit seit den demokratischen Wahlen 2006. Dabei reiste die Schweizer Präsidentin Micheline Calmy-Rey im Juli 2007 eigens nach Kinshasa, sprach lange mit Kongos Präsident Joseph Kabila und erklärte auf einer Pressekonferenz, der Kongo möge doch einen Sondergesandten in die Schweiz schicken, um die nötigen Formalitäten zu erledigen.

Präsident Kabila antwortete darauf mit einer verklausulierten Abfuhr. "Schade, dass es nur um 8 Millionen Schweizer Franken geht statt die Dutzende von Milliarden, die wir erwartet hatten", sagte er. So erfuhr Kongos Öffentlichkeit zum ersten Mal, wie wenig Mobutu-Schätze auf Schweizer Konten liegen.

Zivilgesellschaftler im Kongo ärgerten sich trotzdem über die Untätigkeit ihres Präsidenten. Vielleicht, mutmaßten sie, hatte es damit zu tun, dass Joseph Kabila - Sohn des Mobutu-Bezwingers Laurent-Désiré Kabila - gemeinsam mit Nzanga Mobutu regiert, Sohn des verstorbenen Exdiktators. Die Unterstützung durch die nach wie vor vermögende Mobutu-Familie war wichtig für Kabilas Wahlsieg 2006.

Die Schweizer Behörden wiesen schließlich darauf hin, dass sie das Geld nicht unbegrenzt eingefroren lassen könnten. Wenn Kongos Regierung es nicht wolle, stehe es den Erben des Kontoinhabers zu: also Mobutus Familie. Die habe zugesagt, 40 Prozent davon an den Staat abzutreten. Im Sommer 2008 reiste die Präsidentin der Schweiz erneut in den Kongo und erklärte: "Die Schweiz behält kein Geld, das ihr nicht gehört."

Am 15. Dezember läuft die Frist ab. Danach werden die eingefrorenen Guthaben an die Familie Mobutu überwiesen, ließen die Schweizer Behörden jetzt wissen. Vielleicht ein letzter Versuch, Kongos Regierung aufzurütteln. Allerdings arbeitet die Schweizer Regierung gleichzeitig an einem Gesetzentwurf, der die Konfiszierung herrenloser gestohlener Gelder anstelle der Auszahlung an die Erben ermöglichen würde. Und auch der wird wohl nicht rechtzeitig fertig.

DOMINIC JOHNSON

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