Bericht über Kriegsgreuel im Kongo: UN-Mission steckt tief im Sumpf

Kongos Armee und ruandische Hutu-Milizen massakrieren im Ostkongo die Zivilbevölkerung, sagt Human Rights Watch und wirft UN-Truppen "Verwicklung" vor.

Soldaten der 6. Brigade der kongolesischen Armee (FARDC) ein einem Militärlager in Rutshuru in Nordkivu. Bild: dpa

Der Krieg zwischen kongolesischen Regierungstruppen und ruandischen Hutu-Milizen im Osten der Demokratischen Republik Kongo wird auf dem Rücken der Zivilbevölkerung ausgetragen. Sowohl Kongos Armee FARDC als auch die ruandische Miliz FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) verüben dabei schwerste Kriegsverbrechen. Dies sind die wichtigsten Punkte eines gestern veröffentlichten umfangreichen Berichts der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch.

Der Bericht mit dem Titel "Du wirst bestraft" folgt der Untersuchung einer UN-Expertengruppe über die internationalen Unterstützernetzwerke der FDLR, die im November dem UN-Sicherheitsrat vorgelegt wurde und von diesem jetzt endlich auch veröffentlicht worden ist. Darin wurde unter anderem eine Zusammenarbeit zwischen sich offiziell bekämpfenden Einheiten von FARDC und FDLR nachgewiesen. Human Rights Watch macht jetzt deutlich, dass die beiden Kriegsgegner gleichermaßen Terror gegen die Zivilbevölkerung verüben.

Dokumentiert wird die gezielte Tötung von mehr als 1.400 Zivilisten zwischen Januar, als Kongos Armee erstmals gegen die FDLR zu kämpfen begann, und September. Die beiden Offensiven "Umoja Wetu" und "Kimia II" sollen die teils von Tätern des ruandischen Völkermordes geführte FDLR zur Rückkehr nach Ruanda zwingen, was zum Teil auch gelang: Bis September wurden von geschätzt 6.000 FDLR-Kämpfern im Kongo 1.087 demobilisiert und nach Ruanda gebracht. Doch für jeden davon, so Human Rights Watch, "sind mindestens ein Zivilist ermordet, sieben Frauen und Mädchen vergewaltigt, acht Häuser zerstört und über 900 Menschen zur Flucht gezwungen worden".

701 Massakeropfer der FDLR und 732 der Armee zählt der Bericht, mit möglicherweise weiteren 476 Armeeopfern. Zu den FDLR-Opfern heißt es: "Viele wurden mit Macheten und Hacken zu Tode gehauen. Manche wurden erschossen, andere in ihren Häusern verbrannt." Zum Vorgehen der Armee: "Opfer hatten abgetrennte Gliedmaßen, manche waren in nicht mehr erkennbare Stücke gehauen. Viele wurden mit Macheten oder Messern getötet, andere mit Bajonetten erstochen oder mit großen Holzkeulen erschlagen."

Auch die Motive waren identisch: Bestrafung der Zivilbevölkerung, weil diese dem Gegner Unterschlupf biete. So wurden die ersten Armeevorstöße in FDLR-Gebiete von Massakern an dort lebenden Menschen begleitet. Später schlug dann die FDLR ebenso grausam zurück, um sich an der Bevölkerung für die Armeevorstöße zu rächen. Der Bericht führt auf, wie die FDLR ihre Massaker vorher ankündigte und welche Befehle dafür erteilt wurden. Der FDLR-Präsident Ignace Murwanashyaka lebte bis zu seiner Verhaftung im November wegen Kriegsverbrechen unbehelligt in Mannheim.

Ohne logistische Unterstützung der UN-Mission im Kongo (Monuc) könnte Kongos Armee nicht kämpfen. Human Rights Watch verzichtet darauf, der Friedenstruppe Komplizenschaft bei Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorzuwerfen. Es gebe aber "Anlass zu ernsthaften Bedenken, dass Monuc selbst in diese schweren Verstöße verwickelt sein könnte". Sie sollte "ihre Unterstützung für "Kimia II" mit sofortiger Wirkung beenden."

Das ist Wasser auf die Mühlen der Kritiker der mit rund 19.000 Soldaten weltgrößten Blauhelmmission. Die New York Times berichtete letzte Woche, die UN-Rechtsabteilung habe gewarnt, es sei illegal, im Kongo Militäroperationen zu unterstützen, bei denen "Grund zur Annahme" bestünde, dass das humanitäre Völkerrecht, die Menschenrechte oder der Flüchtlingsschutz verletzt würden. Schließlich sei die UNO daran gebunden.

Dass eine solche Klarstellung überhaupt nötig ist, zeigt, wie tief der Sumpf ist, in den sich die UNO im Kongo begeben hat. Das Monuc-Mandat läuft zum Jahresende aus. Kongos Regierung hat die Vorlage eines Abzugsplans gefordert. Bei den Diskussionen darüber im UN-Sicherheitsrat diese Woche wird es unter anderem darum gehen, das Mandat nur für sechs Monate zu verlängern und danach den Rückzug einzuleiten.

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