Lockerung des Schweizer Bankgeheimnis: Baby-Doc-Millionen zurück nach Haiti

Ein neues Gesetz macht es möglich: Die auf Schweizer Bankkonten deponierten Gelder des Exdiktators Jean-Claude Duvalier können an Haiti zurückgehen. Es geht um Millionen.

Verschlankt: Jean-Claude Duvalier 1980 (l.) als Diktator in Haiti und 2011 nach seiner RÜckkehr aus dem französischen Exil. Bild: dapd

Ab Dienstag kann Haiti mit einer ansehnlichen Geldsumme aus der Schweiz rechnen. Dann tritt ein Gesetz in Kraft, dass die Rückgabe rechtswidrig erlangter und deponierter Vermögen möglich macht.

Das etwas sperrig "Rückerstattung unrechtmäßig erworbener Vermögenswerte politisch exponierter Personen" genannte Gesetz wird in der Schweiz nur "Lex Duvalier" genannt. Es soll künftig verhindern, dass ehemalige Potentaten das Schweizer Bankgeheimnis nutzen, um Raubgelder zu verstecken. 7 Millionen Schweizer Franken – umgerechnet 5,4 Millionen Euro – entdeckten haitianische Fahnder vor Jahrzehnten auf helvetischen Konten, die Haitis Exdiktator über Tarnfirmen und -stiftungen angelegt hatte.

Seit Jahren tobte ein Streit zwischen der haitianischen und der Schweizer Regierung über die Freigabe dieser Gelder, zu denen nachweislich der 1986 ins französische Exil geflohene "Baby Doc" Zugang hatte. Bei der Flucht hatte Jean-Claude Duvalier die Staatskasse mitgenommen, nachdem er zuvor Gelder ins Ausland transferiert hatte. Insgesamt ist von einer Summe zwischen 300 und 800 Millionen US-Dollar die Rede - um wie viel sich der Duvalier-Clan wirklich bereichert hat, darüber gibt es keine Informationen. "Baby Doc" besaß Konten in verschiedenen Steueroasen, aber nur in der Schweiz wurden die haitianischen Regierungsbeauftragten fündig.

Mit Verweis auf das Schweizer Bankgeheimnis verweigerte die eidgenössische Regierung meist die Auskunft über verdächtige Konten oder die Freigabe der Gelder. Mal forderten sie eindeutige Belege für die unrechtmäßige Herkunft der deponierten Summen, dann wieder verhedderten sich die jeweiligen Nachfolgerregierungen in den bürokratischen Regularien und Einspruchsfristen der Schweizer Regierung.

Die Schweiz, so lobte jetzt das Mitglied des Direktorats für internationales Recht im Berner Außenministerium, Pierre-Yves Morier, sei das erste Land, das mit der "Lex Duvalier" ein wirksames Instrument zur Rückgabe krimineller Gelder geschaffen habe. Einige der bekanntesten früheren Herrscher der Welt beziehungsweise deren Familien bekommen jetzt die neue Gesetzgebung zu spüren: Ferdinand Marcos, Fujimoris peruanischer Geheimdienstchef Vladimiro Montesino, der mexikanische ehemalige Staatschef Carlos Salinas und der nigerianische Diktator Sani Apache. Der 1998 Verstorbene bunkerte allein 700 Millionen US-Dollar auf Schweizer Nummernkonten.

In den letzten zehn Jahren habe die Schweiz insgesamt 1,7 Milliarden US-Dollar konfisziert und an die entsprechenden Staaten zurücktransferiert, betont der Abteilungsleiter Internationales Recht im Berner Außenministerium, Valentin Zellweger.

Die Rücküberweisung der 5,4 Millionen Euro von den Duvalierkonten wird der erste Testfall für die Wirksamkeit des neuen Gesetzes werden. Das Geld wird auch nicht an die Regierung überwiesen, sondern die Eidgenossenschaft wird in Absprache mit der Regierung die Raubgelder von "Baby Doc" in soziale Projekte in Haiti fließen lassen, heißt es in Bern.

Vielleicht steht auch die überraschende Rückkehr von Duvalier mit der Rückgabe der Gelder in Verbindung. Politische Beobachter munkeln, der Expotentat sei relativ verarmt, nachdem er 25 Jahre lang das Geld mit vollen Händen ausgegeben habe. Sie sehen in seiner Reise nach Port-au-Prince Mitte Januar einen verzweifelten Versuch, eine Anklage in Haiti zu nutzen, die Rückgabe der Gelder auf den Schweizer Konten in letzter Minute hinauszuzögern und bei einem Freispruch doch nach an seine Raubmillionen zu gelangen.

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