Justiz in Chile: Begnadigung mit Beigeschmack

Chiles Präsident Sebastián Piñera will 6.000 Gefangene entlassen um die Gefängnisse zu leeren. Darunter sind auch Verbrecher der Pinochet-Diktatur.

Bei einem Brand im Gefängnis von San Miguel starben im Dezember 81 Insassen. Bild: reuters

BUENOS AIRES taz | In Chile ist die Debatte über die Begnadigung verurteilter Menschenrechtsverbrecher der Pinochet-Diktatur wieder aufgeflammt. Anlass ist ein Maßnahmenpaket der Regierung von Staatspräsident Sebastián Piñera mit dem sie der chronischen Überbelegung in den Haftanstalten begegnen will. Am Donnerstag soll es im Kongress eingebracht werden.

Die Regierung reagiert damit auf die Ereignisse vom Dezember 2010. Damals kamen bei einem Brand im Gefängnis San Miguel im Südosten der Hauptstadt Santiago über 80 Gefangene in ihren Zellen ums Leben. Das für 780 Insassen ausgelegte Gefängnis war mit 1.900 Häftlingen überfüllt.

Insgesamt, so rechnet die Regierung vor, drängen sich 50.000 Gefangene in den Gefängnisse, deren Kapazität bei höchsten 34.000 Insassen liegt. Geplant ist die Begnadigung von rund 6.000 Häftlingen, um die Haftanstalten zu entlasten.

Für Streit sorgt die Ankündigung von Justizminister Felipe Bulnes, dass für eine Begnadigung auch Gefangene in Frage kommen, die älter als 80 Jahre oder unheilbar krank sind. Denn damit könnten jene begnadigt werden, die wegen Menschenrechtsverbrechen während der Pinochet-Diktatur einsitzen.

Rechte Parlamentarier fordern seit langem, ihre Regierung solle endlich etwas für die tun, "die das Vaterland verteidigt haben", so die UDI-Abgeordnete María Angélica Cristi. Jetzt scheint Präsident Piñera von seiner bisherigen Haltung abzurücken, kein Pardon für verurteilte Menschenrechtsverbrecher zu geben.

Im Juli 2010 hatte ein Vorstoß der katholischen Kirche für deren Begnadigung zu einem heftigen Schlagabtausch zwischen den Regierungsparteien, der Opposition und Menschenrechtsgruppen geführt. Damals hatte Präsident Piñera das Ansinnen noch eindeutig abgelehnt.

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