Generalversammlung in New York: Die UNO ist von Obama enttäuscht

Erst große Hoffnungen, nun Ernüchterung: Die Nahost- und die Klimapolitik der US-Regierung frustriert viele Mitgliedsstaaten.

Bei großen Themen kaum veränderte Politik: US-Präsident Obama. Bild: dpa

Bei einem Auftritt vor der UN-Generalversammlung kurz nach seinem Amtsantritt Ende Januar wäre US-Präsident Barack Obama noch als Hoffnungsträger gefeiert worden. Doch bei seiner ersten Rede vor den Botschaftern der 192 UN-Mitgliedstaaten am Mittwoch dürfte der Beifall verhaltener ausfallen - wenn auch stärker als bei den letzten Auftritten seines Amtsvorgängers George W. Bush. Denn die Hoffnungen vieler Regierungen und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) auf eine wieder eindeutig völkerrechtskonforme Politik der USA und ihr aktives multilaterales Engagement im Rahmen der UNO bei der Bewältigung der globalen Herausforderungen und der Lösung regionaler Konflikte sind Ernüchterung und Enttäuschung gewichen.

Zwar sind Rhetorik und Stil der amerikanischen UN-Politik sowie der Auftritt von US-Diplomaten in New York und im europäischen UN-Hauptquartier in Genf deutlich konstruktiver und engagierter als während der Bush-Jahre. Auch hat die Obama-Regierung die unter Bush verfügte Sperrung von Beiträgen zu missliebigen Programmen einiger UN-Sonderorganisationen aufgehoben. Doch bei den großen Themen, die für eine Mehrheit der UNO-Mitgliedstaaten sowie für die NGOs von zentraler Bedeutung sind, ist in der Substanz bislang keine oder nur eine geringfügig veränderte Politik Washingtons erkennbar.

Beim Klimaschutz etwa ist von der im Februar von Obama angekündigten "Führungsrolle" der USA bisher nichts zu spüren. Die USA verweigern bisher jegliche Nennung konkreter CO2-Reduktionsziele für die im Dezember in Kopenhagen beginnenden Verhandlungen über ein Kioto-Nachfolgeabkommen. Da sich die EU fast ebenso destruktiv verhält, droht das Scheitern der Verhandlungen in Kopenhagen. Der gestrige "UNO-Klimagipfel" in New York verkam zum überflüssigen Medienspektakel.

Ähnlich ergebnislos dürfte der Dreiergipfel zwischen Obama, Israels Premierminister Benjamin Netanjahu und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas verlaufen. Eine überwältigende Mehrheit der UNO-Generalversammlung verlangt seit über 40 Jahren immer wieder eine gerechte Zweistaatenregelung auf Basis der Grenzen von 1967 und als Voraussetzung hierfür die Räumung aller seitdem von Israel völkerrechtswidrig besetzten und besiedelten Gebiete. Dass die Obama-Administration die Regierung Netanjahu bislang nicht einmal zu einem vollständigen Stopp des weiteren Siedlungsbaus bewogen hat, obwohl sie nach fast einstimmiger Überzeugung unter den UN-Mitgliedern und bei den in dieser Frage engagierten NGOs über die dazu erforderlichen Druckmittel verfügt, ist die größte Enttäuschung über den neuen US-Präsidenten.

Die nach wie vor größten Hoffnungen bestehen mit Blick auf eine veränderte Atomrüstungspolitik der USA, die Obama im Frühjahr mit seinem Bekenntnis zur "Vision einer atomwaffenfreien Welt" erweckt hatte. Seitdem gibt es einige konkrete Fortschritte bei den bilateralen Abrüstungsverhandlungen mit Russland. Der letzte Woche verkündete Verzicht Washingtons auf das Raketenabwehrprojekt in Polen und Tschechien hat die Hoffnungen weiter bestärkt.

Der Lackmustest beim Thema Rüstung aber ist der Streit über das iranische Atomprogramm. Mit Spannung blicken viele UN-Diplomaten auf die Wiederaufnahme der Verhandlungen zwischen Iran und der Sechsergruppe aus USA, China, Russland, Frankreich, Großbritannien und Deutschland am kommenden Mittwoch. Sollte die Verhandlungen zu einer tragfähigen Vereinbarung führen, wäre dies ein großer Erfolg für Obama - mit positiven Ausstrahlungen auf die Verhandlungen über das nordkoreanische Atomwaffenprogramm und die Überprüfungskonferenz zum Atomwaffensperrvertrag im Mai 2010. Bei einem Scheitern ist mit einer erheblichen Verhärtung der US-Haltung gegenüber Teheran zu rechnen. Dann dürfte es auch im UN-Sicherheitsrat zur Konfrontation zwischen Washington, Peking und Moskau über die Verhängung verschärfter Sanktionen oder gar ein militärisches Vorgehen gegen Iran kommen.

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