Bolivianische Provinzen für mehr Autonomie: Erneute Ohrfeige für Morales

In Bolivien haben zwei weitere Provinzen bei Referenden für Autonomie gestimmt: Sie wollen von der Landreform ausgenommen werden. Rechtlich bindend ist das nicht.

Einwohner der Provinz Beni feiern den Ausgang des Autonomie-Referendums. Bild: rtr

PORTO ALEGRE taz In zwei weiteren Volksabstimmungen in Bolivien haben die Tieflandprovinzen Beni und Pando am Sonntag für eine größere Autonomie von der Zentralregierung von Evo Morales votiert. Nach Hochrechnungen entfielen jeweils über 80 Prozent der abgegebenen Stimmen auf das "Ja" zur Autonomie. In Beni beteiligte sich allerdings über ein Drittel der WählerInnen nicht am Referendum, in Pando fast die Hälfte.

Damit folgen die beiden dünn besiedelten Provinzen in Nordbolivien dem rohstoffreichen Santa Cruz im Osten, wo das "Ja" vor vier Wochen mit 86 Prozent gesiegt hatte. Erneut sah sich die regionale Oberschicht bestätigt, und erneut erklärte Innenminister Alfredo Rada die Abstimmungen für verfassungswidrig.

Wie in Santa Cruz wehren sich die weißen Großgrundbesitzer von Beni und Pando gegen die von Morales eingeleitete Landreform. Dem neuen Autonomiestatut der Urwaldprovinz Pando zufolge soll künftig die Provinzregierung entscheiden, ob die Ländereien ihre soziale Funktion erfüllen - eine Voraussetzung dafür, dass sie von der Agrarreform ausgenommen werden. Der vergleichsweise moderate Gouverneur Leopoldo Fernández hält in der Landfrage immer noch einen Kompromiss zwischen den Regionen und der Regierung Morales für möglich: "In Bolivien wohnen doch gerade neun Millionen Menschen auf einem Gebiet von über einer Million Quadratkilometer."

In Beni hingegen, wo die Viehzucht dominiert, möchten die regionalen Eliten wie in Santa Cruz auch die Landzuweisungen selbst vornehmen. "Dies geht weit über die Kompetenzen von Regionalregierungen in föderativ organisierten Staaten hinaus", meint Alejando Albornoz, der Vizeminister für Landfragen in La Paz. "Deswegen reden wir von Separatismus."

Dennoch haben die Referenden an Brisanz verloren, auch das nächste in der Erdgasprovinz Tarija am 22. Juni. Der weitaus wichtigere Showdown nämlich, auf den sich Regierung und Opposition mittlerweile verständigt haben, steigt am 10. August: Dann entscheiden die BolivianerInnen darüber, ob sie Evo Morales und die neun Provinzgouverneure im Amt belassen wollen - und die Karten für den Streit über die Autonomien und eine neue Verfassung werden neu gemischt. GERHARD DILGER

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