Wahlen in Argentinien: K.-o.-Sieg in 1. Runde erwartet

Argentiniens zukünftige Präsidentin wird nach den Wahlen am Sonntag Cristina Fernández de Kirchner heißen - schon der Umweg einer Stichwahl wäre eine Niederlage.

"Sie steht für soziale Sicherheit und Menschenrechte": Kandidatin Cristina Kirchner Bild: dpa

BUENOS AIRES taz Argentiniens zukünftige Präsidentin wird Cristina Fernández de Kirchner heißen. Daran zweifelt am Río de la Plata niemand. Wie Mehltau legen sich seit Wochen die Umfrageergebnisse über das Land, die einen uneinholbaren Vorsprung für die Kandidatin der Regierungspartei von Präsident Néstor Kirchner vorhersagen. Von einem wirklichen Wahlkampf ist deshalb auch wenig zu spüren. Spannend ist einzig die Frage: Schafft es die 54-jährige First Lady und peronistische Senatorin bereits im ersten Wahlgang, oder kommt es zu einer Stichwahl?

Wenn die rund 27 Millionen wahlberechtigten Argentinier am Sonntag ihre Stimmen abgeben, dann müssen entweder 45 Prozent oder mehr auf einen Kandidaten entfallen oder mindestens 40 Prozent und ein Abstand von zehn Prozent auf den Zweitplatzierten, um direkt gewählt zu sein. Hinter dem Hin und Her um diese Hürde verschwindet für so manchen Argentinier auch die Tatsache, dass am Sonntag mehr als nur eine neue Präsidentin gewählt wird. Auch das halbe Abgeordnetenhaus (130 Mandate) und ein Drittel des Senats (24 Sitze) werden neu gewählt. In Argentinien herrscht Wahlpflicht.

Wie sich bereits vor der Wahl Argentiniens Medien auf die zukünftige Präsidentin einstellen, zeigte sich Mittwochabend im Fernsehen. Die Kandidatinnen und Kandidaten durften nacheinander live um die Stimmen der Bevölkerung werben. Da saßen sie brav im Studio und warteten auf ihren Aufruf. Nicht so die First Lady. Ihre Fragerunde wurde aufgezeichnet: in der Präsidentenresidenz Quinta de Olivos. Welche Vorzeichen das für den Umgang mit den Medien einer künftigen Präsidentin Cristina erkennen lässt, bleibt offen: Ihr Mann Néstor jedenfalls hat in seiner vierjährigen Amtszeit nicht ein einziges Interview und keine Pressekonferenz gegeben.

"Eine Stichwahl ist ausgeschlossen", ist sich auch Vilma Ibarra absolut sicher. Ibarras Amtszeit als Senatorin läuft aus, am Sonntag kandidiert sie für die Regierungspartei für einen Sitz im Abgeordnetenhaus. Auf der kleinen Wahlkampfveranstaltung vor hundert überwiegend jungen Leuten geht es ruhig zu. Zwar spricht die Nochsenatorin engagiert über Bildung und Drogenprävention, doch alle spüren es: Die Spannung aus der Wahl ist längst raus. Für Ibarra ist der wesentliche Unterschied zwischen der alten und der neuen Kirchner-Regierung, dass Cristina ein anderes Land übernimmt.

"Als Néstor Kirchner 2003 antrat, haben wir darüber diskutierten, wie die Kinder in der Schule eine warme Mahlzeit bekommen können. Jetzt diskutieren wir wieder über Erziehung und Bildung." Damals diskutierten sie auch darüber, wie die Sozialhilfe am besten an die 25 Prozent Arbeitslosen im Land verteilt werden soll. "Heute liegt die Arbeitslosenquote bei knapp neun Prozent, und wir reden über Lohn- und Rentenerhöhungen in einem Land, das seit über vier Jahren ein Wirtschaftswachstum um die neun Prozent hat", so Ibarra. Auch für Jorge Loinaz, seit 2005 Generalsekretär des fünften Bezirks der peronistischen Partei in der Hauptstadt Buenos Aires, repräsentiert Cristina ein Argentinien, das aus dem wirtschaftlichen Desaster herausgekommen ist. "Sie steht für soziale Sicherheit und Menschenrechte in Argentinien."

Neben den Umfragen sind es vor allem diese Fakten, die der ohnehin zersplitterten Opposition keine Hoffnung auf eine Wechselstimmung lassen. Die beiden aussichtsreichsten Kandidaten für den Einzug in eine Stichwahl dümpeln seit Wochen zwischen zehn und 15 Prozent dahin. Da ist zum einem die Mitte-links-Kandidatin Elisa Carrió, die sich seit einigen Jahren den Kampf gegen Korruption und Vetternwirtschaft auf die Fahnen geschrieben hat, aber selbst noch nie ein Regierungsamt innehatte.

Zum anderen der frühere Wirtschaftsminister Roberto Lavagna, der unter Néstor Kirchner bis November 2005 im Amt war, aber sich nicht als wirkliche Alternative aufbauen konnte. Im Gegenteil: Cristina kann auch hier punkten. Sie hat viele Jahre aktive Parteiarbeit hinter sich, war Provinzabgeordnete, später Senatorin. Sollte sie es dennoch erst in der Stichwahl schaffen, startet sie mit einer Niederlage ins Amt.

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