Völkermord in Guatemala: Mutmaßlicher Schlächter in Haft

Erstmals wird ein ehemaliger Chef des Generalstabs verhaftet. Der Vorwurf lautet auf Völkermord. Der damalige Militärdiktator genießt als Abgeordneter derzeit noch Immunität.

Gedenken in Guatemala-Stadt an die Opfer, die während des Bürgerkrieges verschwanden. Bild: ap

BERLIN taz | Zum ersten Mal soll in Guatemala einer der Verantwortlichen für den Massenmord an der indianischen Bevölkerung zur Verantwortung gezogen werden. Am vergangenen Freitag wurde der General im Ruhestand Héctor Mario López in Guatemala-Stadt verhaftet. Der 81jährige war während der Diktatur von General Efraín Ríos Montt (1982/83) Chef des Generalstabs der Armee. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor. López sei für über 200 Massaker an der Zivilbevölkerung mitverantwortlich, sagte Generalstaatsanwalt Mynor Melgar.

Strafanzeigen gegen López und auch gegen dessen damaligen Chef Ríos Montt liegen der Staatsanwaltschaft seit 2000 vor. Im Jahr zuvor hatte eine von der UNO eingesetzte Wahrheitskommission in ihrem Abschlussbericht festgestellt, dass staatliche Sicherheitkräfte für über 90 Prozent der rund 250.000 Toten des guatemaltekischen Bürgerkriegs (1960 -1996) verantwortlich waren. In den 18 Monaten der Regierungszeit von Ríos Montt hatte die Armee über 400 Maya-Dörfer zerstört und ihre Einwohner ermordet. Die Sicherheitskräfte hielten die Ureinwohner Guatemalas für Unterstützer der kleinen linken Guerilla. Die Wahrheitskommission sprach von Völkermord.

Der Hauptverantwortliche dieses Völkermords ist derzeit noch vor der Staatsanwaltschaft sicher: Ríos Montt ist Parlamentsabgeordneter und genießt strafrechtliche Immunität. Er hat jedoch angekündigt, dass er sich bei der Wahl im September um kein neues Amt bemühen werde. Auf die Verhaftung seines damaligen Generalstabschefs reagierte er gelassen.

Dazu hat er allen Grund: Für die Präsidentschaftswahl vom 11. September ist nach bisherigen Umfragen der rechte Kandidat Otto Pérez Molina haushoher Favorit. Auch er ist ein General im Ruhestand. Auch seine Einheit war im Bürgerkrieg für etliche Massaker an der indianischen Zivilbevölkerung verantwortlich. Sollte Pérez Molina gewinnen, wird dies das Ende der Amtszeit von Generalstaatsanwalt Melgar sein.

Melgar arbeitete in den 90er-Jahren im Menschenrechtsbüro des Erzbistums von Guatemala-Stadt an einer Dokumentation über die Verbrechen des Bürgerkriegs. Sein Chef, der Weihbischof Juan Gerardi, wurde zwei Tage nach der Veröffentlichung des Berichts am 26. April 1998 von Militärs in der Garage seines Pfarrhauses erschlagen. Im Prozess um diesen Mord tauchte in Zeugenaussagen immer wieder Pérez Molina als einer der Hintermänner des Verbrechens auf. Belangt aber wurde er nie.

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