Brasiliens Präsident fordert Veränderungen: Norden ist schuld an Krise

Gemeinsam mit anderen Schwellenländern drängen lateinamerikanische Staatschefs auf ein neues Finanzsystem.

Der britische Premier Gordon Brown (l) und Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva (r) in Brasília. Bild: reuters

PORTO ALEGRE taz Ganz wie geplant ließ sich am Donnerstag der Staatsbesuch Gordon Browns in Brasília an: Der britische Premier und Gastgeber des G-20-Weltfinanzgipfels am 2. April schlug vor, einen weltweiten Kreditfonds über "mindestens 100 Milliarden Dollar" einzurichten, um den schwächelnden Welthandel wieder auf Vordermann zu bringen. Doch dann stahl ihm der brasilianische Präsident die Schau.

Luiz Inácio Lula da Silva forderte "tiefgreifende politische Entscheidungen" und machte erneut den Norden für die Weltfinanzkrise verantwortlich. "Diese Krise wurde durch das irrationale Verhalten von Weißen mit blauen Augen verursacht und befördert", sagte Lula: "Vor der Krise schien es, als wüssten sie alles über Wirtschaft; jetzt haben sie gezeigt, dass sie gar nichts davon verstehen." Es gehe nicht an, dass nun die Armen, Schwarzen und Indianer als Erste für die Krise bezahlen müssten, so Lula - in Brasilien brach das Bruttoinlandsprodukt im letzten Quartal 2008 drastisch ein, 750.000 Arbeitsplätze gingen bis Februar verloren. Dann geißelte er die Diskriminierung von Migranten des Südens in den Industrienationen. Auf dem G-20-Gipfel werde es "hoch hergehen". Brown hörte es mit betretener Miene.

"Wir werden am 2. April zum ersten Mal mit größerer moralischer Autorität nach London kommen als die reichen Länder", hatte Lula bereits letzte Woche bei einem gemeinsamen Auftritt mit seiner argentinischen Amtskollegin Cristina Fernández de Kirchner verkündet. Brasilien und Argentinien hätten nicht "vor den Sirenengesängen des konservativen Einheitsdenkens kapituliert", sondern im Gegenteil "eine starke staatliche Regulierung des Finanz- und Versicherungssystems" aufrechterhalten.

Die Banken seien solide, und dank vieler Sozialprogramme hätten Millionen Menschen die Armut hinter sich gelassen und dadurch den Binnenmarkt gestärkt, so Lula. IWF und Weltbank würden ihre Handlungsfähigkeit und Glaubwürdigkeit erst zurückgewinnen, wenn es eine größere Beteiligung der Entwicklungsländer gebe. Tatsächlich geht die neue "Flexible Kreditlinie" für Länder des Südens, die der IWF am Dienstag vorstellte, auf eine Initiative Brasílias im vergangenen Jahr zurück.

Ebenso wie Lula attackiert auch Mexikos rechter Präsident Felipe Calderón, der dritte lateinamerikanische Staatschef in London, gerne den Protektionismus der Reichen, besonders der USA. Denn in Krisenzeiten erweisen sich die "Freihandelsabkommen", auf die Mexiko ebenso wie Kolumbien, Peru oder Chile setzt, oft als Lippenbekenntnisse: Während US-Außenministerin Hillary Clinton in Mexiko das Freihandelsdogma bekräftigt, setzt Präsident Barack Obama zu Hause auf "Buy American".

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