Wahlkampf in den USA: Obama warnt vor Apathie

Mit einer kämpferischen Rede an der Universität von Madison meldet sich US-Präsident Obama als Wahlkämpfer zurück. Er will die Enttäuschten mobilisieren.

Ja, wir können's immer noch! Barack Obama in Madison. Bild: rtr

"Hallo Wisconsin", ruft der Mann in die Menschenmenge. Er sieht aus wie zwei Jahre zuvor: lächelnd, hemdsärmelig, jung. Wie ein Rockstar. Auch seine Ausstrahlung ist ein Déjà-vu: Barack Obama wirkt kämpferisch und zuversichtlich.

31 Tage vor den Kongresswahlen hat der US-Präsident die schleppende Kampagne seiner Partei zur Chefsache gemacht. Am Dienstag hat er sein erstes von vier geplanten Großmeetings veranstaltet. In Madison, Hauptstadt des traditionell fortschrittlichen Bundesstaates Wisconsin, hatte Obama im November 2008 mit mehr als 56 Prozent der Stimmen haushoch gesiegt. Zwei Jahre danach ist der Enthusiasmus verschwunden. Seit Wochen sprechen DemokratInnen von einem "Enthusiasmus-Graben" in den eigenen Reihen.

Der Präsident sagt in Madison und zugleich in einem großen Interview mit der Zeitschrift Rolling Stone, dass er nicht an die vorausgesagte Niederlage bei den Halbzeitwahlen im November glaubt. Und er versucht persönlich, das Ruder herumzureißen. Er richtet sich dabei an jene Altersgruppe, deren außergewöhnliches Engagement ihn vor zwei Jahren zum Präsidenten gemacht hat: die Jungen zwischen 18 und 29 Jahren.

In der Universität von Madison spricht er vor mehr als 22.000 Menschen. Es ist es eines der größten Meetings, an denen Obama bisher teilgenommen hat. Manche im Publikum tragen T-Shirts, die sie seit mehr als eineinhalb Jahren nicht mehr benutzt haben, mit Konterfeis von Obama und mit Slogans, die im gegenwärtigen Klima überraschen: "Hope" - Hoffnung. "Yes, we can" - Ja. Wir können es.

Ihnen allen ruft der Präsident zu: "Wacht auf." Und Vizepräsident Joe Biden echot: "Hört auf zu jammern." In Madison sagt Obama: "Der größte Fehler, den wir machen könnten, wäre es, die Enttäuschungen oder Frustrationen zu Apathie werden zu lassen." Es geht darum, den eigenen Leuten Mut machen, damit sie - fünf Wochen vor den Midterm-Elections - endlich in die Gänge kommen. "Falls die andere Seite gewinnt", mahnt er, "wird sie die kommenden zwei Jahre dazu nutzen, exakt jene Politik zu machen, die zu der Rezession geführt hat."

Obama spricht 45 Minuten lang. Es ist sein erster großer Auftritt in diesem Wahlkampf. Bislang hat er vor allem an kleinen, thematisch festgelegten Wahlkampfversammlungen mit großer Medienpräsenz teilgenommen, bei denen es mal um die Gesundheitsreform, mal um die Wirtschaftskrise ging.

Ab jetzt spricht Obama über das große Ganze. Er will auch jene UnterstützerInnen zurückholen, die auf Distanz gegangen sind. Weil die USA weiterhin im Krieg sind. Weil die Gesundheitsreform nicht weit genug geht. Weil es keine neue Einwanderungspolitik gibt. Und weil das lang versprochene Klimagesetz noch nicht da ist. "Es ist nicht zu entschuldigen, wenn ein Demokrat oder ein anderer Fortschrittlicher jetzt außen vor bleibt", sagt der Präsident an die Adresse dieser zögerlichen linken US-AmerikanerInnen im Interview mit dem Rolling Stone. "Es mag Klagen darüber geben, dass wir gewisse Dinge nicht schnell genug gemacht haben und dass wir gewisse legislative Kompromisse eingegangen sind. Aber wir haben jetzt die Wahl: zwischen einer Republikanischen Partei, die heute weiter rechts steht, als George Bush es war, und dieser Regierung, die die fortschrittlichste Politik seit einer Generation gemacht hat."

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