Drama um Bergleute in Chile: Tief unter der Erde

In 688 Metern Tiefe warten 33 chilenische Bergleute in der Atacama-Wüste auf Rettung. Die aber könnte dauern - bis Dezember.

Einer der 33 Bergmänner. Bild: dpa

Im Drama um die 33 chilenischen Bergleute, die seit drei Wochen in der Atacamawüste verschüttet sind, schwankt die Stimmung zwischen Ausgelassenheit und Verzweiflung: Am Mittwoch versuchte Gesundheitsminister Jaime Mañalich den Männern behutsam mitzuteilen, dass sie sich auf eine lange Wartezeit einstellen müssen. "Wir haben ihnen mehr oder weniger sagen können, dass sie nicht vor dem Nationalfeiertag am 18. September gerettet werden können und dass wir hoffen, vor Weihnachten mit ihnen zusammen zu sein", sagte der Minister.

Nach der "Etappe der Euphorie" seit dem Kontakt mit der Außenwelt am Sonntag sei nun mit "Depressionen, Angst und Niedergeschlagenheit" zu rechnen. Am Vorabend hatte der Bergmann Luiz Urzúa an Präsident Sebastián Piñera appelliert: "Wir sind hier unter einem Felsenmeer und hoffen, dass ganz Chile die Daumen drückt, damit man uns aus dieser Hölle holt."

Am Eingang der Gold- und Kupfermine San José harren derweil die Familien der Kumpel aus. Die Kommunikation zwischen der Erdoberfläche und dem 52 Quadratmeter großen Schutzraum in 688 Meter Tiefe findet über ein Stahlrohr statt. Eine Stunde lang dauert der Transport von Nahrungsmitteln, Medikamenten, Sauerstoffkapseln oder eben Nachrichten durch das Rohr mit einem Durchmesser von 11 Zentimetern - zuerst gab es Müsliriegel.

Nach den bangen Wochen des Wartens ist die Stimmung im "Camp Esperanza" immer noch fantastisch. Die Angehörigen von Edison Pena haben dem 34-Jährigen ein Foto von Elvis Presley mit der Botschaft geschickt: "Halte durch, bald bist du so berühmt wie Elvis." Der frühere Fußballnationalspieler Franklin Lobos, 53, erhielt ein Trikot der Nationalelf mit den Autogrammen der Spieler und ihres Trainers Marcelo Bielsa.

Der 44-jährige Esteban Rojas ging aus der Tiefe auf den zweiten Heiratsantrag seiner Frau Jessica ein: "Wenn ich hier rauskomme, kaufen wir ein Brautkleid und lassen uns kirchlich trauen", schrieb er. Die beiden sind schon seit 25 Jahren standesamtlich verheiratet - doch nun konnte seine überglückliche Frau ihren Bekannten zurufen: "Ihr wisst schon, ich brauche einen neuen Herd, einen Kühlschrank, alles weitere schriftlich."

Für das psychische Wohlbefinden der Kumpel soll ein Programm mit Singen, Karten- und Bewegungsspielen sorgen, sagte Minister Mañalich: "Wir wollen auch, dass sie Lieder aufnehmen, Videos drehen, sich Theaterstücke für die Familie ausdenken." Am Tag der Rettung müssen sie zudem in den rund 70 Zentimeter großen Schacht passen, der nun angelegt wird. Sechs bis 15 Meter könnten täglich gebohrt werden, schätzen die Ingenieure. Die kommenden Monate "werden wie Lichtjahre sein", sagte ein australischer Bergmann voraus, der 2006 zwei Wochen lang verschüttet war.

Die Behörden ziehen nun Konsequenzen aus dem Desaster: In der Region Antofagasta nördlich des Unfallortes werden 18 kleine Kupferminen geschlossen. Insgesamt arbeiten rund 20.000 Kumpel in kleinen Bergwerken, aus denen etwa 60.000 Tonnen Kupfer jährlich gefördert wird. San José war 2007 nach zwei tödlichen Unfällen geschlossen worden. Erst 2008 war die Wiederaufnahme des Förderbetriebs genehmigt worden.

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