Meinungsfreiheit in Aserbeidschan: Blühende Korruption

Kritische Journalisten haben im Lande des diktatorischen Aliew-Clans ein schweres Dasein – davon zeugt der Fall Ejnulla Fatullajew. Freunde fürchten, dass Fatullajew in Haft nicht sicher ist.

Baku, Aserbeidschan. Bild: Martin Talbot – Lizenz: CC-BY

BAKU taz | Ejnulla Fatullajew, Herausgeber der regierungskritischen Zeitung Reales Aserbaidschan, ist Nichtraucher, trinkt bei Festen nur Softdrinks und hat noch nie Haschisch oder andere Drogen konsumiert. Doch am 29. Dezember entdeckten aserbaidschanische Sicherheitskräfte Heroin bei den Habseligkeiten des Journalisten.

Noch ungewöhnlicher als der Fund selbst ist der Ort, an dem das Heroin angeblich entdeckt wurde: in der Hochsicherheitsstrafkolonie Nr. 12. Dort sitzt der Journalist wegen "Beleidigung des aserbaidschanischen Volkes", "Terrordrohungen" und "Steuerhinterziehungen" eine Freiheitsstrafe von achteinhalb Jahren ab. Dies berichtet die Vorsitzende der aserbaidschanischen Sektion der Helsinki Citizens Assembly, Arsu Abdullajewa, in einem Gespräch Anfang Januar. Abdullajewa ist davon überzeugt, dass man dem inhaftierten Journalisten das Heroin untergeschoben habe, um ihn zu einer weiteren Haftstrafe verurteilen zu können.

Mehrere Regierungen und Menschenrechtsorganisationen haben sich in der Vergangenheit für den Journalisten und politischen Gefangenen eingesetzt. In Kürze steht nun eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Straßburg zu dem Fall an. Beobachter gehen davon aus, dass das Gericht Aserbaidschan auffordern wird, den Journalisten freizulassen.

Dies scheinen auch die Sicherheitsbehörden so zu sehen. Für die Menschenrechtlerin Saida Godschamanly ist es eindeutig, dass dem Journalisten das Heroin untergeschoben wurde, um so mit einem neuen Prozess dessen erwartete Freilassung verhindern zu können.

Aserbaidschan ist fest in der Hand der Familie Aliew. Heydar Aliew und sein Sohn Ilcham Aliew, der nach dem Tod des Vaters Präsident des Landes wurde, haben es geschafft, zwischen den widerstrebenden Interessen von Mächten wie dem Iran, Russland, den USA zu lavieren und so weitgehende Unabhängigkeit zu bewahren – in vielerlei Hinsicht.

Eine hatte der ehemalige Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Günter Nooke, bei seinem Aserbaidschan-Besuch im Juli erfahren müssen, als sein aserbaidschanischer Dolmetscher Emin Milli, der zwei Jahre lang das Büro der Friedrich-Ebert-Stiftung in Baku geleitet hatte, Stunden vor Nookes Ankunft verhaftet und Wochen später unter einer fingierten Anklage zu einer zweieinhalbjährigen Haftstrafe verurteilt worden war.

Auch den Protest der Regierungen der USA und Großbritanniens Anfang 2009 gegen den Entzug der UKW-Lizenzen für BBC und Voice of America ließen die Verantwortlichen Aserbaidschans an sich abperlen.

Überall zieren riesige Spruchtafeln mit Zitaten des verstorbenen Präsidenten Heydar Aliew wie "Baku ist das Herz Aserbaidschans", "Unsere Land ist zu allem fähig, wenn seine Wirtschaft stark ist" Plätze und Straßen. Heydar Aliews Konterfei schmückt neben einer wehenden Nationalflagge bei vielen Sendungen das obere linke Eck des Fernsehschirms. Bei so viel Personenkult sprechen böse Zungen schon von "Heydarstan".

Am meisten blüht im Land die Korruption. Lehrer, die mit ihrem Gehalt von gut 100 Euro bei Lebensmittelpreisen wie in Deutschland kaum über die Runden kommen würden, verdienen sich ein zehnfaches Zubrot durch bezahlten Zusatzunterricht. Schüler, die meinen, diesen bezahlten Nachhilfeunterricht nicht zu benötigen, riskieren ein schlechtes Zeugnis.

Unterdessen fürchten Menschenrechtler um das Leben des inhaftierten Journalisten Ejnulla Fatullajew. Im August 2009 war Nowrusali Mamedow, Chefredakteur der Zeitung Tolyscho sado, unter merkwürdigen Umständen in der Haft umgekommen. Ein ähnliches Schicksal, so der aserbaidschanische Menschenrechtler Avas Hasanov, könnte auch Ejnulla Fatullajew drohen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.