Todesstrafe in China: Brite mit Spritze hingerichtet

Obwohl erkennbar geistig verwirrt, ist der Brite Amal Shaikh in China hingerichtet worden. Die Verhandlung dauerte nur eine halbe Stunde und die Briten sind diplomatisch schwer verstimmt.

Einen eigenen Psychologen zu beauftragen, hielt das Gericht nicht einmal für nötig. Bild: dpa

PEKING taz | Der Brite Akmal Shaikh ist gestern in China wegen Drogenschmuggels hingerichtet worden - als erster europäischer Staatsbürger seit 1951. Die Londoner Regierung und die Familie Shaikhs hatten vergeblich um Gnade für den 53-Jährigen gebeten und darauf hingewiesen, dass er womöglich geistig verwirrt und deshalb für seine Tat nicht verantwortlich gewesen sei. Der Oberste Gerichtshof in Peking hatte den Hinrichtungsbefehl am Morgen bestätigt.

"Ich bin entsetzt und enttäuscht, dass unsere dringenden Bitten, Gnade zu gewähren, nicht erfüllt wurden", erklärte der britische Premierminister Gordon Brown. Eine Sprecherin des Pekinger Außenministeriums wies die Kritik zurück: "Niemand hat das Recht, Chinas juristische Souveränität schlecht zu machen."

Akmal Shaikh war am 12. September 2007 bei der Ankunft aus dem zentralasiatischen Tadschikistan am Flughafen von Urumqi mit vier Kilogramm Heroin im Koffer festgenommen worden. Das Gepäckstück sei ihm von einem Bekannten in die Hand gedrückt worden, erklärte er damals, von den Drogen habe er nichts gewusst. Nach chinesischem Gesetz wird bereits der Schmuggel von 50 Gramm Heroin mit dem Tode bestraft.

Akmal Shaikhs erste Verhandlung im Jahr 2008 vor einem Gericht in Urumqi, der Hauptstadt der Grenzregion Xinjiang, dauerte eine halbe Stunde und endete mit dem Todesurteil. Bei der Verhandlung habe Shaikh zu seiner Verteidigung so zusammenhanglos und merkwürdig geredet, dass die Richter in Gelächter ausgebrochen seien, heißt es. Die britische Hilfsorganisation Reprieve, die sich für die Abschaffung der Todesstrafe weltweit einsetzt, entsandte auf Bitten seiner Familie einen psychologischen Gutachter nach Urumqi. Doch die Justizbehörden verwehrten ihm den Zugang zu Akmal Shaikh, er durfte auch nicht in den Gerichtssaal. Einen eigenen Psychologen zu beauftragen, hielt das Gericht nicht für nötig.

Akmal Shaikh hatte zunächst als Taxi-Kleinunternehmer in London gearbeitet. Er war im Alter von zwölf Jahren mit seiner Familie aus Pakistan nach England gezogen. Seine Familie und Bekannte berichten, er habe nach seiner Scheidung 2001 immer wieder Zeichen von geistiger Verwirrung gezeigt. Er verstand sich als Sänger, der den Weltfrieden retten wollte. Nach Reisen durch Osteuropa und Zentralasien habe ihm ein Bekannter in Tadschikistan den Koffer gegeben und ihn mit dem Versprechen nach China geschickt, dort werde er mit seinem Lied "Komm kleines Kaninchen" ein berühmter Pop-Star werden.

Im Oktober 2009 bestätigte das Gericht von Urumqi das Todesurteil in zweiter Instanz, obwohl das chinesische Gesetz eine mildere oder gar keine Strafe vorsieht, wenn der Angeklagte zum Zeitpunkt der Tat psychisch krank und für seine Tat nicht verantwortlich zu machen ist. "Die Richter haben sich geweigert, angemessen die Möglichkeit zu untersuchen, ob er geistig erkrankt ist", kommentiert Joshua Rosenzweig von der Menschenrechts-Organisation Duihua in Hongkong das Verfahren.

Akmal Shaikh wurde mit einer Giftspritze hingerichtet - eine Methode, die den zuvor üblichen Kopfschuss inzwischen vielerorts ersetzt. Die Zahl der Hinrichtungen ist Staatsgeheimnis. Nach Schätzungen von Amnesty International sind im vergangenen Jahr in China etwa 70 Prozent aller Todesurteile weltweit vollstreckt worden. Bekannt wurden 1.718 Exekutionen, die Dunkelziffer dürfte jedoch weit höher liegen.

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