Afghanistan-Strategie: Brown stiehlt Obama die Show

Einen Tag vor Obamas Verkündung der neuen Strategie für den Krieg am Hindukusch legt Großbritanniens Premier Gordon Brown selbst wichtige Details vor.

Will Präsident Karsai auf konkrete Schritte und Zeitpläne verpflichten: Gordon Brown. Bild: ap

DUBLIN taz | Großbritannien wird seine Truppen in Afghanistan um 500 auf 9.500 Soldaten verstärken. Das gab Premierminister Gordon Brown gestern Nachmittag bekannt. Er erklärte im Unterhaus, dass die Vorbedingungen für die Truppenaufstockung erfüllt worden seien. Zum einen sei die Ausrüstung für die Soldaten zugesichert worden, woran es in der Vergangenheit gehapert habe, zum anderen hätten auch acht andere Nato-Staaten außer Großbritannien und den USA zusätzliche Soldaten versprochen. Welche Länder das sind, sagte er nicht.

Darüber hinaus werde der afghanische Präsident Hamid Karsai an der Afghanistan-Konferenz am 28. Januar in London teilnehmen. Dort erwartet man von ihm die Zusage, im Jahr 2010 weitere 50.000 afghanische Soldaten auszubilden und in die Provinz Helmand zu schicken, wo dieses Jahr schon 98 britische Soldaten starben, damit die ausländischen Truppen schrittweise reduziert werden können.

Ziel der Konferenz sei es, einen verbindlichen Zeitplan für die Übergabe der Sicherheitsaufgaben an afghanische Truppen aufzustellen. Damit könne bereits Anfang nächsten Jahres begonnen werden, bis Ende 2010 sollen 5 der 34 Provinzen unter afghanischer Kontrolle stehen.

Neben Afghanistan, seinen Nachbarn und den Nato-Ländern werden auch internationale Organisationen an der Konferenz teilnehmen. Innerhalb von sechs Monaten soll Karsai Pläne für die Ausbildung weiterer Polizisten und zur Korruptionsbekämpfung vorlegen. Binnen neun Monaten sollen 400 neue Bezirksgouverneure und -funktionäre ernannt werden.

Brown hatte am Wochenende beim Commonwealth-Gipfel in Trinidad gesagt, er sei frustriert, dass es Pakistans Regierung noch immer nicht gelungen sei, den Al-Qaida-Chef Ussama Bin Laden zu fassen. "Die pakistanische Regierung hat angefangen, die Taliban und al-Qaida in Südwasiristan zu bekämpfen", sagte er. "Aber wir müssen uns fragen, warum acht Jahre nach den Anschlägen in den USA niemand Bin Laden oder al-Sawahiri gesehen oder festgenommen hat." Pakistans Hochkommissar in Großbritannien, Wajid Shamsul Hasan, wies Browns Vorwürfe zurück. "Unser Militär ist in vollem Einsatz", sagte er. "Was wollen die Leute also?"

Der US-Senat kritisierte vorige Woche in einem Bericht, dass die frühere US-Regierung die Gelegenheit zur Festnahme oder Tötung Bin Ladens Ende 2001 nicht ergriffen habe. Man habe ihn nach Pakistan fliehen lassen. Damit sei der Grundstein für den Afghanistankrieg und die Londoner Bombenanschläge 2005 gelegt worden.

Unmittelbar nach seiner Rede beriet sich Brown per Videokonferenz mit US-Präsidenten Barack Obama. Der wird am Dienstagabend an der Militärakademie West Point seine neue Afghanistan-Strategie vorstellen. Wahrscheinlich wird er bis zu 35.000 zusätzliche Soldaten entsenden und damit fast so viel, wie der US- und Nato-Oberkommandierende in Afghanistan, General Stanley McChrystal, verlangt hatte. Dieser hatte in einem Bericht eine komplexere militärische und politische Strategie gefordert, damit der US-Truppenabzug 2013 beginnen könne. Brown begrüßte McChrystals Bericht, ist jedoch verärgert, dass Obama so lange für eine Reaktion brauchte. Deshalb hatte er keine Skrupel, Obama jetzt bei der Verkündung der Strategie zuvorzukommen.

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