Erdbeben in Neuseeland: Die Hoffnung schwindet

75 Menschen sind tot, mehr als 300 werden vermisst - das Erdbeben vom Dienstag ist wohl die größte Naturkatastrophe in der jüngeren Geschichte Neuseelands.

Feuerwehrmänner suchen nach Verschütteten im Gebäude des Fernsehsenders CTV. Bild: reuters

SYDNEY taz | "Dieser Verlust ist das Schlimmste. Gebäude sind nur Gebäude, Straßen nur Straßen, aber die Menschen sind unersetzlich", sagte der neuseeländische Premierminister John Key am Mittwoch in Christchurch. In der Stadt, die am Dienstag von einem Erdbeben der Stärke 6,3 erschüttert worden war, wich die Hoffnung, Überlebende zu finden, mit jeder neuen Stunde mehr der Verzweiflung.

Vereinzelt konnten die Retter zwar Erfolge feiern. Im zerstörten Gebäude des Finanzunternehmens Pyne Gould bargen sie eine verletzte Büroassistentin. Aus einem anderen Haus holten sie einen japanischen Austauschstudenten. Er konnte aber nur geborgen werden, nachdem ihm ein Arzt das unter Schutt eingeklemmte Bein abgeschnitten hatte. "Wir hatten mehrere solche Notamputationen", so ein Offizieller gegenüber den Medien.

Ein horrendes Wechselbad der Gefühle erlebten die Angehörigen von Angestellten der örtlichen TV-Station. Das Gebäude des Senders war am Dienstag einem Kartenhaus gleich zusammengestürzt. Am Morgen hieß es, man habe mit 15 Überlebenden Kontakt. Dies sei offenbar eine Fehlmeldung gewesen, so ein Polizeibeamter am Nachmittag. "Wir sind jetzt zu 100 Prozent überzeugt, dass alle tot sind."

Auch am Dienstag wurden die Rettungsbemühungen durch beschädigte Straßen behindert. In der Hälfte der Stadt sind Strom- und Wasserversorgung ausgefallen. Um die Arbeiten der inzwischen sogar aus den USA und Australien angereisten Einsatzkräfte zu erleichtern und die Gefahr weiterer Verschüttungen zu reduzieren, rief die Regierung den nationalen Notstand aus und verhängte eine Ausgangssperre über die Innenstadt von Christchurch.

"Wir bitten die Leute, sich in ihrer Gemeinde zu Hause zu engagieren", so Bürgermeister Bob Parker. Die Gefahr von Nachbeben sei weiterhin groß. Am Nachmittag evakuierten die Behörden alle Rettungskräfte um einen Häuserblock, als das bekannte Hotel Grand Chancellor einzustürzen drohte.

Die meisten Beobachter gehen davon aus, dass die Zahl der Opfer in den kommenden Tagen noch deutlich zunehmen wird und 300 übersteigen könnte. Damit dürfte das Erdbeben vom Dienstag die größte Naturkatastrophe in der jüngeren Geschichte Neuseelands sein. 1931 starben bei einem Beben 256 Menschen.

Das wesentlich weniger zerstörerische Erdbeben vom letzten September hatte bereits versicherte Schäden von mehr als 6 Milliarden NZ-Dollar (rund 3,3 Milliarden Euro) verursacht. Laut Premierminister John Key dürften die Schäden nach dem Beben vom Dienstag mindestens doppelt so hoch sein. Versicherungskonzerne in Neuseeland sind vorwiegend Schadenersatzforderungen kommerzieller Kunden und von Autobesitzern ausgesetzt, da ein Staatsfonds die ersten 100.000 NZ-Dollar der Schäden an Wohneigentum deckt.

Außerdem haben sich die Versicherungen durch Verträge mit Rückversicherern wie Münchner Rück und Schweizer Rück vor zu hohen Schadenszahlungen geschützt. Analysten warnten am Mittwoch, dass die Rückversicherer nach den Erdbeben, Überflutungen, Waldbränden und Zyklonen der letzten Monate ihre Prämien so hoch ansetzen könnten, dass sie für Versicherungsunternehmen und schließlich Endverbraucher unerschwinglich würden.

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