Indien weiht erstes Atom-U-Boot ein: Nadelstiche zwischen Nachbarn

Das Verhältnis zwischen den benachbarten Atomwaffenstaaten kommt nicht zur Ruhe, denn Indien weihte sein erstes Atom-U-Boot gerade am Jahrestag des Siegs über Pakistan ein.

Stolzer Aufrüster: Indiens Premierminister Manmohan Singh spricht vor seinem Atom-U-Boot. Bild: ap

DELHI taz | Pakistan zeigt sich wegen der Inbetriebnahme von Indiens erstem Atom-U-Boot besorgt. "Frieden und Sicherheit" in der Region seien bedroht, erklärte ein Sprecher des Außenministeriums in Islamabad am Dienstag. "Pakistan wird angemessene Schritte unternehmen, ohne ein Wettrüsten einzugehen." Die Einweihung hätte kaum symbolträchtiger sein können: Am Sonntag, dem zehnten Jahrestag des indischen Sieges über Pakistan im sogenannten Kargilkrieg von 1999, ließ Indiens Premier Manmohan Singh die 6.000 Tonnen schwere "INS Arihant" zu Wasser.

Islamabads Sorge ist nicht unbegründet. Zwar wird das U-Boot, das russische und indische Ingenieure gemeinsam in Indien gebaut haben, vermutlich noch einige Jahre getestet, bevor es tatsächlich in einem Krieg eingesetzt werden könnte. Doch dann wird Indien in der Lage sein, von jeder Position im Meer aus Atomsprengköpfe 700 Kilometer weit zu feuern. Singh erklärte zwar, Indien hege keine aggressiven Absichten. Doch werde das Meer in Indiens Sicherheitsüberlegungen immer wichtiger.

Damit darf sich Peking, der zweite Adressat der Inbetriebnahme des Atom-U-Boots, angesprochen fühlen. Denn Chinas Präsenz im Indischen Ozean, den Delhi wie auch Peking als strategischen Raum ansehen, nimmt zu. Derzeit bauen chinesische Firmen den Tiefseehafen in der westpakistanischen Stadt Gwadar aus. Laut Gerüchten soll es ein Abkommen zwischen Peking und Islamabad geben, wonach China dort auch Kriegsschiffe stationieren könnte.

Dass Indien ein Atom-U-Boot entwickelt, war seit Jahren bekannt. Daher kam aus Washington bislang kein Kommentar zu Indiens Ausbau seines atomaren Arsenals. Das Thema dürfte in den USA aber gespaltene Gefühle auslösen: Denn es ist ein Vorgeschmack darauf, in welcher Weise Indien den US-indischen Nukleardeal nutzen könnte. Singh hatte im Jahr 2008 nach innenpolitischen Querelen in letzter Minute ein Angebot des scheidenden US-Präsidenten Bush angenommen, wonach Indien zivile Nukleartechnologie und atomare Brennstoffe aus dem Ausland beziehen darf, wenn es seine zivilen Anlagen unter internationale Kontrolle stellt. Was Indien jedoch mit seinem eigenen Uran macht, das es durch das Abkommen einsparen kann, untersteht auch fortan keiner Kontrolle. Das könnte den Bau weiterer Atom-U-Boote anregen.

Wegen des sich abzeichnenden Rüstungswettlaufs gerät nun auch die deutsche Politik in die Klemme. Im Jahr 2007 gab der Bundessicherheitsrat, der Lieferungen von Kriegsgerät ins Ausland absegnen muss, vorerst Grünes Licht für den Verkauf von drei konventionellen U-Booten an Pakistan. Das letzte Wort ist jedoch noch nicht gesprochen. Nach Berichten gibt es um diesen Auftrag einen Wettbewerb zwischen Deutschland und Frankreich. Dessen damaliger Präsident Jacques Chirac soll 2007 den Bau von Hotels und eines Autowerks in Pakistan in Aussicht gestellt haben, sollte Islamabad die Schiffe in Frankreich bestellen.

Kommentatoren in Indien kritisierten die Inbetriebnahme des U-Boots am Jahrestag des Sieges über Pakistan als innenpolitisches Manöver Singhs. Denn er wurde wegen einer gemeinsamen Erklärung kritisiert, die er Anfang des Monats mit Pakistans Premier Gillani beim Blockfreiengipfel in Ägypten verfasst hatte. Darin erklärte Singh, der bilaterale Friedensprozess werde unabhängig vom Terrorismus in der Region fortgeführt. Zudem werde Delhi Pakistans Sorge wegen "indischer Einmischung" in der westpakistanischen Provinz Belutschistan "ansprechen". Pakistan behauptet seit Jahren, "indische Agenten" steckten hinter dem Aufstand in seiner größten Provinz. Beweise dafür gibt es nicht. Doch wurde die Erklärung Singhs und Gillanis in Pakistan als "indisches Eingeständnis" gewertet. Am Mittwoch will sich Singh dazu öffentlich äußern.

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