Krise zwischen Nord- und Südkorea: Säbelrasseln am 38. Breitengrad

Südkorea legt den Handel mit dem Norden auf Eis. In Pjöngjang setzt man dafür die Kriegsrethorik fort. Und Washington ergreift Partei für den verbündeten Süden

Südkoreanische Soldaten beim Manöver nahe der entmilitarisierten Pufferzone zwischen ihrem Land und Nordkorea. Bild: rtr

TOKIO taz | Knapp 60 Jahre nach Beginn des Koreakrieges drohen militärische Zusammenstöße an der Waffenstillstandslinie am 38. Breitengrad. Südkoreas Präsident Lee Myung Bak kündigte an, für den Fall einer Verletzung des eigenen Hoheitsgebiets das Recht auf Selbstverteidigung auszuüben. Jetzt gelte das Prinzip der Abschreckung, erklärte Lee in einer Fernsehrede vor dem Denkmal für den Koreakrieg in Seoul. Der Süden habe immer Nordkoreas Brutalität ertragen, doch das sei vorbei. "Ab jetzt wird Nordkorea dafür bezahlen."

Wegen der mutmaßlichen Versenkung des Zerstörers "Cheonan" durch einen nordkoreanischen Torpedo wird Südkorea den UN-Sicherheitsrat anrufen und eine Bestrafung von Pjöngjang verlangen. Zudem werden der innerkoreanische Handel im Umfang von zuletzt 185 Millionen Euro jährlich sowie der Ausbau der Industriezone Kaesong auf Eis gelegt. Südkoreas Hoheitsgewässer sind für den Norden gesperrt. Derzeit sei jede kooperative Aktivität sinnlos, so Präsident Lee.

Dessen ungeachtet setzt Nordkorea weiter auf seine Kriegsrhetorik der vergangenen Tage. Das Arbeiterpartei-Organ Rodong Sinmin nannte die Untersuchung des Torpedoangriffs eine "nicht tolerierbare, schwere Provokation", die einer Kriegserklärung gleichkomme. Pjöngjang bestreitet eine Verwicklung in den "Cheonan"-Untergang, bei dem 46 Soldaten starben. Sollte Südkorea wie angekündigt an der Grenze Durchsagen über Lautsprecher machen und Transparente aufstellen, würden diese mit Artilleriegranaten zerstört, drohte die Armeeführung. Seoul will diese psychologische Kriegsführung nach sechsjähriger Pause wieder aufnehmen.

Das Weiße Haus in Washington nannte Südkoreas Reaktion "völlig angemessen". US-Präsident Barack Obama ordnete eine engere militärische Zusammenarbeit mit dem Süden an. Laut Verteidigungsminister Kim Tae Young sind gemeinsame Manöver gegen U-Boote im Gelben Meer geplant. "Südkorea kann auf die volle Unterstützung der USA zählen", versicherte US-Außenministerin Hillary Clinton in Peking. Bei ihren Gesprächen wollte sie die chinesische Führung davon überzeugen, im Sicherheitsrat neuen Sanktionen gegen Nordkorea zuzustimmen. In seiner Rede verzichtete Präsident Lee darauf, Nordkoreas Staatschef Kim Jong Il direkt für den Torpedoangriff verantwortlich zu machen. Stattdessen öffnete er dem "geliebten Führer" ein Hintertürchen, indem er eine Entschuldigung und die Bestrafung der Verantwortlichen verlangte. Dabei sind sich die Geheimdienste in Südkorea und den USA ziemlich sicher, dass Kim den Angriffsbefehl erteilte.

So hatte das Staatsfernsehen kürzlich einen ungewöhnlichen Besuch des Führers bei der Armeeeinheit 586 gezeigt. Dort war Staatschef Kim mit General Kim Yong Chol, Chef von Nordkoreas Aufklärungsbüro für Aktionen gegen Südkorea, zusammengetroffen. Die Visite habe wie eine Belohnung für die Versenkung der Korvette ausgesehen, heißt es jetzt in Seoul.

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