Neuseelands Abkehr von Privatisierung: Staat kauft Bahn zurück

Weil sich das Angebot verschlechterte wird das neuseeländische Bahn- und Fährsystem wieder verstaatlicht. Weitere Investitionen sind dringend nötig.

In Großbritannien werden Fähren privat betrieben - Neuseeland verstaatlicht den Fährbetrieb jetzt wieder. Bild: ap

SYDNEY taz Die neuseeländische Regierung hat am Montag die Wiederverstaatlichung des Bahnverkehrs und des Fährennetzes angekündigt. Wie Finanzminister Michael Cullen erklärte, sei der Rückkauf des Bahnverkehrs von der australischen Transportfirma Toll Holdings der beste Weg, Investitionen in die Industrie zu erhöhen. Wellington bezahlte 665 Millionen neuseeländische Dollar (336 Millionen Euro) für das Schienen- und das ebenfalls Anfang der 90er-Jahre privatisierte Fährennetz.

Für Neuseeland bedeutet der Entscheid eine dramatische Abkehr von der radikalen Welle der wirtschaftlichen Reformen der 80er- und 90er-Jahre. Im Rahmen umfangreicher mikro- und makroökonomischer Reformen war 1993 auch das Bahnnetz privatisiert worden. Doch die Erwartungen der Befürworter der Reformen erfüllten sich nicht. Statt zu verbesserten Dienstleitungen führte die Privatisierung zu einer Verschlechterung des Angebots und des Unterhalts der Anlagen. "Der Verkauf unseres öffentlichen Bahnsystems war eine schmerzhafte Lektion für Neuseeland", so Michael Cullen am Montag.

Das Bahnsystem war 1993 für 400 Millionen neuseeländische Dollar an private Firmen verkauft worden. Der australische Transportkonzern Toll Holdings übernahm schließlich einen Mehrheitsanteil an den Anlagen und nannte das Bahnsystem Toll New Zealand. Das Schienennetz von knapp 4.000 Kilometer Länge war schon 2004 wieder in den Besitz des staatseigenen Unternehmens Ontrack übergegangen. Es wird vor allem für den Güterverkehr benutzt.

Zuletzt arbeiteten 2.300 Beschäftigte bei der Bahn. Laut Cullen sei es "äußerst schwierig gewesen, ohne staatliche Unterstützung ein Bahngeschäft zu führen, das zur wirtschaftlichen Entwicklung des Landes beiträgt". Die Regierung plane nun signifikante Investitionen in das System. Einzelheiten sollen zu einem späteren Zeitpunkt bekannt gegeben werden.

Auch Premierministerin Helen Clark weist dem Bahnsystem eine wesentliche Rolle im Transportwesen der Zukunft zu. "Mit steigenden Treibstoffpreisen und einem wachsenden Bewusstsein für die Klima-Problematik sehen immer mehr Länder im Schienenverkehr einen entscheidenden Teil der wirtschaftlichen Infrastruktur der Zukunft", so Clark. Erst vor kurzem hatte Wellington beschlossen, alle notwendigen Schritte zu unternehmen, um den Schadstoffausstoß Neuseelands auf allen Ebenen drastisch zu reduzieren.

Für das Land ist der Rückkauf der zweite spektakuläre Rückschritt vom als "Wunder von Neuseeland" von aller Welt bestaunten wirtschaftlichen Reformprogramm der 90er-Jahre. Bereits 2001 hatte die australische Regierung die vor dem Kollaps stehende ehemals staatliche, dann aber privatisierte Fluglinie Air New Zealand vor dem Untergang retten müssen. Eine Finanzspritze von einer Milliarde australischer Dollar brachte die erwünschte Wirkung. Heute ist die zu 76 Prozent vom Staat kontrollierte Airline profitabel.

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