Afghanistan-Umfrage: Stimmung besser als Lage

Erstaunliche Ergebnisse: Eine Umfrage ergibt einen positiven Stimmungsumschwung bei den Afghanen. Deutschland verliert jedoch an Ansehen.

Nur 40 Prozent der Befragten finden, dass USA und Nato in Afghanistan gut arbeiteten. Bild: reuters

BERLIN taz | Eine große Mehrheit der Afghanen blickt trotz fortgesetzter Hiobsbotschaften optimistisch in die Zukunft. Zu diesem Ergebnis kommt eine Umfrage, die im Auftrag westlicher Sender im Dezember in Afghanistan durchgeführt wurde. Die Ergebnisse veröffentlichte am Montag der WDR in Köln. Es war bereits die fünfte Umfrage in Afghanistan im Auftrag der britischen BBC, der amerikanischen ABC und der deutschen ARD.

Das ermöglicht Vergleiche mit früheren Antworten: So sehen heute trotz eskalierender Gewalt erstaunliche 70 Prozent der Befragten ihr Land auf dem richtigen Weg, 30 Prozent mehr als 2008. Den Nato-Einsatz befürworten 62 Prozent gegenüber 59 vor einem Jahr. Jedoch meinen nur 40 Prozent, dass die USA und die Nato in Afghanistan gut arbeiteten, für schlecht votieren rund 60 Prozent. 60 Prozent sprechen sich für mehr internationale Truppen aus.

"Auf den ersten Blick scheinen die Ergebnisse zu schön, um wahr zu sein, und widersprechen komplett der politischen Debatte in Deutschland", meinte der die Umfrage betreuende WDR-Auslandsvizechef Arnd Henze. Die Umfrage mit mehr als 100 Fragen zeige aber, "dass die Afghanen ganz anderen Entwicklungen Beachtung schenken, als wir in Europa und den USA". So seien drei Viertel der Befragten trotz der Manipulationen mit dem Ausgang der Präsidentschaftswahlen vom August zufrieden. Auch habe es Verbesserungen im Alltag gegeben, etwa bei der Stromversorgung. Positiver würden auch Verdienstmöglichkeiten, der Straßenbau und Frauenrechte gesehen, negativer die Bildungsmöglichkeiten.

Deutlich sei ein Ansehensverlust für Deutschland, das früher immer gut dastand. Die Zahl der Menschen, die in den Einsatzregionen der Bundeswehr im Norden und Nordosten ein positives Deutschlandbild haben, ging um 11 Punkte auf 63 Prozent zurück, während sich die Zahl mit einem negativen Bild mehr als verdoppelte. Henze macht dafür die Tötung von Zivilisten beim Luftangriff auf die Tanklaster in Kundus verantwortlich: "Deutschland wird zunehmend als ganz normaler Teil der Kriegsrealität wahrgenommen." Die Afghanen seien der Gewalt überdrüssig. "Im Moment scheint die Stimmung in Afghanistan besser zu sein als die Lage," so Henze. "Aber Hoffnungen können Veränderungswillen entfalten."

Die Ergebnisse der Umfrage unter laut WDR 1.554 repräsentativ ausgewählten Afghanen aus allen 34 Provinzen kontrastiert mit dem Bericht, den UN-Generalsekretär Ban Ki Moon gerade dem UN-Sicherheitsrat vorlegte. Darin spricht Ban von einer sich "verschlechternden Gesamtsituation", deren Trend irreversibel zu werden drohe.

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