FDP-Parteitag vor Bundestagswahl: Westerwelle schaltet Ampel aus

Ein Sonderparteitag segnet die Absage des FDP-Chefs an eine Ampel ab. Zwar lässt sich Westerwelle semantisch Hintertürchen offen, doch politisch sind sie nicht begehbar.

Ob sich ihre Arbeit für den kommenden Sonntag lohnt: Die FDP beim Sonderparteitag. Bild: dpa

Jetzt hat er sich doch noch festgelegt. "Wir sind nicht die Mehrheitsbeschaffer von Rot-Grün", sagte FDP-Chef Guido Westerwelle am Sonntag auf einem Wahlparteitag in Potsdam. "Unser Wort gilt." Einen entsprechenden Wahlaufruf hatten die Delegierten zuvor ohne Gegenstimmen beschlossen.

In der Schlussphase des Wahlkampfs verfolgt Westerwelle jetzt vor allem zwei Ziele. Zum einen will er möglichst viele Zweitstimmen enttäuschter Unionsanhänger an sich binden, daher die klare Koalitionsaussage.

Zum anderen will er verhindern, dass Wähler der CDU/CSU aus Furcht vor dem wirtschaftsliberalen Kurs einer möglichen schwarz-gelben Regierung am 27. September zu Hause bleiben - und es trotz eines guten FDP-Ergebnisses wieder nicht für das Wunschbündnis mit der Union reicht.

Deshalb agitiert Westerwelle neuerdings gegen die Rente mit 67 und fordert ein höheres Schonvermögen für Hartz-IV-Empfänger. "Lassen Sie sich nicht einreden, die FDP wolle eine Gesellschaft der Ichlinge", sagte der Parteivorsitzende in Potsdam. Sie sei "keine reine Steuersenkungspartei". Um niedrigere Steuern und Abgaben ging es dann aber doch in mehr als der Hälfte seiner Rede.

Mit keinem Wort nahm Westerwelle auf die Absage Bezug, die Bundeskanzlerin Angela Merkel am Freitag den programmatischen Forderungen seiner Partei erteilt hatte. Was die CDU wolle, sei abschließend im eigenen Regierungsprogramm dargelegt, sagte Merkel. "Das, was darin nicht steht, wollen wir auch nicht verändern." Auf die Frage, wer in einem schwarz-gelben Bündnis Koch und wer Kellner sei, fügte sie hinzu: "In diesem Sinne will ich schon als Koch auftreten."

Semantisch lassen die am Sonntag beschlossenen Formulierung durchaus noch Interpretationsspielräume zu. "Nicht die Mehrheitsbeschaffer von Rot-Grün", sagte Westerwelle: Streng genommen schließt das eine Koalition mit SPD und Grünen nicht aus, in der die FDP eine inhaltlich prägende Rolle spielt und eben nicht nur als Mehrheitsbeschafferin dient. Die FDP dürfe nicht zulassen, "dass Kommunisten und Sozialisten wieder irgendetwas zu sagen kriegen", rief Westerwelle den Delegierten unter großem Jubel zu. Das wäre, wiederum sehr streng genommen, schon fast die Legitimation für eine Ampelkoalition, wenn sie Rot-Rot verhindern könnte.

Aber mit Semantik hielt sich in Potsdam keiner auf. Das politische Signal ist klar, so klar, dass Westerwelle einen Lagerwechsel nach der Bundestagswahl nur sehr schwer begründen könnte. Indem er einen Parteitagsbeschluss herbeiführte, bindet er daran auch widerstrebende Sozialliberale wie Sabine Leutheusser-Schnarrenberger oder Rainer Brüderle, die sich Hoffnungen auf Ministerposten machen und schon aus Altersgründen auf eine Regierungsbeteiligung nicht länger warten können.

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