Röttgen soll NRW-CDU anführen: Abrechnung mit dem System Rüttgers

Norbert Röttgen hat sich gegen das Establishment der Landes-CDU durchgesetzt. Das hatte für Armin Laschet als "Düsseldorfer Lösung" geworben.

Freut sich jetzt schon wie ein Landeschef: Norbert Röttgen. Bild: dpa

DÜSSELDORF taz | Norbert Röttgen gibt sich betont bescheiden, als er am Sonntagabend in der Parteizentrale der nordrhein-westfälischen CDU vor die Presse tritt. "Ein großer Erfolg für die CDU" sei die Mitgliederbefragung, die ihn gerade zum einzigen Kandidaten für den Landesvorsitz seiner Partei gekürt hat.

Bei einer Beteiligung von knapp 53 Prozent könne parteiintern von Politikverdrossenheit nicht die Rede sein. "Absolut sauber und fair" sei das "Verfahren" abgelaufen, betont der Bundesumweltminister - sein Konkurrent Armin Laschet, der bis zur Wahlniederlage der CDU im Mai 2010 Integrationsminister unter Ministerpräsident Jürgen Rüttgers war, sei "nicht zum Gegner" geworden.

Dabei könnte Röttgen gerade einen großen Triumph feiern. Der Bundesminister aus Berlin hat sich gegen das versammelte Establishment der Landespartei, gegen die Düsseldorfer Parteizentrale durchgesetzt. Monatelang hatten die für Armin Laschet als "Düsseldorfer Lösung" getrommelt.

Laschet hatte nicht nur die Unterstützung Rüttgers - auch der amtierende Fraktionsvorsitzende Karl-Josef Laumann und der Generalsekretär der Landes-CDU, Andreas Krautscheid, warben für den 49-Jährigen aus Aachen. Für Röttgen entschieden sich dennoch 45.235 CDU-Mitglieder - das sind 54,8 Prozent. Für Laschet votierten nur 45,2 Prozent.

Zwar hielt sich auch Laschet am Sonntagabend an die Stunden zuvor ausgehandelte Sprachregelung, dass die CDU eine "lebendige Partei" sei und sie damit genauso Sieger sei wie Röttgen selbst. "Ich hätte gern etwas anderes gesagt", maulte Laschet aber doch - und er wirkte ähnlich bitter wie Rüttgers und Laumann. "Ich habe für ein anderes Modell der Oppositionsarbeit geworben", betonte Laschet.

Der Landesparteichef müsse im Land präsent sein, müsse SPD-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft "im Landtag stellen" können, das hatte die Riege um Rüttgers der Basis in den vergangenen Wochen immer wieder nahegelegt. Bei Umfragen unter CDU-Anhängern und -Wählern lag deshalb auch Laschet vorn: Für den Landespolitiker sprachen sich 54 Prozent aus, den Umweltbundesminister wollten nicht einmal 30 Prozent.

Doch Parteichef wird jetzt Röttgen. Am nächsten Samstag wird er auf dem Landesparteitag in Bonn Rüttgers ablösen. Welchen Kurs Röttgen einschlagen will, ob er Nordrhein-Westfalens Christdemokraten wieder näher an die Grünen heranführen will, lässt er offen.

Der bisherige Partner FDP liegt im größten Bundesland bei gerade noch 3 Prozent. Schwarz-Grün gilt derzeit deshalb als einzig realistische Möglichkeit für die Christdemokraten, wieder an die Regierung zu kommen. Und Röttgen, der in den Neunzigerjahren wie Laschet Mitglied der "Pizza Connection" schwarzer und grüner Bundestagsabgeordneter war, könnte für einen Neuanfang stehen: Gegen die CDU-Parteilinie hat er sich etwa gegen den Neubau einer Kohlenmonoxidpipeline des Chemiekonzerns Bayer im Kreis Mettmann ausgesprochen.

Der einst liberale Vordenker Laschet dagegen war in den vergangenen Wochen voll auf die Linie des Parteiestablishments eingeschwenkt: Die Bayer-Pipeline unterstützte er ebenso wie den Weiterbau des Kohlekraftwerks Datteln. Um den konservativen Rand der Basis einzufangen, verteidigte er sogar die kruden Thesen Thilo Sarrazins gegen den Vorwurf des Rassismus. Die CDU sei damit zu einer "No-go-Area für Grüne" geworden, klagen deshalb die Landeschefs der NRW-Grünen, Monika Düker und Sven Lehmann.

Röttgen dagegen gibt sich zumindest bis zum Parteitag betont vorsichtig. Er sei "zwar nominiert, aber noch nicht gewählt". Selbst den Job des stellvertretenden CDU-Bundesvorsitzenden, den Jürgen Rüttgers im November aufgibt, will er noch nicht für sich reklamieren: "NRW ist zwar der stärkste Landesverband der CDU", sagt er. "Aber zusammen sind die anderen stärker."

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