Moschee-Attacken in Berlin: Anschlagserie gibt Rätsel auf

Der siebte Brandanschlag auf Berliner Moscheen innerhalb weniger Monate lässt die Ermittler ratlos zurück: "Es ist völlig offen, aus welcher Ecke das kommt".

Die Moschee der Ahmadiyya-Gemeinde im Berliner Stadtteil Wilmersdorf. Bild: imago

BERLIN taz | Die Moschee der Ahmadiyya-Gemeinde im Berliner Stadtteil Wilmersdorf gilt als eines der ältesten islamischen Gotteshäuser in Deutschland. Mitte der 20er-Jahre erbaut, überstand es den Zweiten Weltkrieg. Nun haben Unbekannte versucht, die Moschee anzuzünden.

Yasir Aziz, ein 27-jähriger Gaststudent aus Schweden, der im Haus des Imams wohnt, hörte kurz vor zwei Uhr am Samstagmorgen einen Knall, schaute aus dem Fenster und sah Flammen an der Tür. Die Polizei konnte den Brand löschen, bevor Schlimmeres geschah. "Wir sind schockiert", sagte Aziz der taz. Die Polizei fand am Tatort eine "Collage wild zusammengeklebter Zeitungsartikel", über den Inhalt wollte sie aber nichts sagen.

Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) verurteilte die Tat: "Wir brauchen den Zusammenhalt der Religionen in der multireligiösen Stadt Berlin." Verbrecherische Anschläge von Fanatikern wie im Ausland dürften nicht auf Europa überschlagen.

Mit der Tat in Wilmersdorf scheint sich eine rätselhafte Serie von Brandanschlägen auf islamische Einrichtungen in Berlin fortzusetzen. Von Juni bis Dezember 2010 hatte es mindestens sechs solcher, zumeist dilettantisch durchgeführter Attacken gegeben. Eine Botschaft, die an einem Tatort gefunden wurde, deutet darauf hin, dass sogar mehr als zehn versuchte Brandstiftungen zur Serie gehören. Anfang Dezember hat das Landeskriminalamt eine eigene Ermittlungsgruppe für die Anschläge gebildet. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) versprach, dass die Täter bald gefasst werden. Doch einen Monat später fehlt nach wie vor eine konkrete Spur zu den Tätern, ihre Motive bleiben unklar. "Es ist völlig offen, aus welcher Ecke das kommt", heißt es in Berliner Sicherheitskreisen.

Handelt es sich um Rechtsextreme? Durch die Sarrazin-Debatte und das islamfeindliche Klima Aufgestachelte? Das vermuten Politiker von Grünen und der Linken, doch auch ein ganz anderer Hintergrund ist denkbar. So könnten die Zündler Verwirrte oder Trittbrettfahrer sein - oder gar innerislamische Gegner der betroffenen Gemeinden.

Dagegen spricht, dass die angegriffenen Moscheen einen völlig unterschiedlichen Hintergrund haben. Viermal wurde versucht, die größte Berliner Moschee anzuzünden: die Sehitlik-Moschee des eng mit dem türkischen Staat verbandelten Dachverbands Ditib. Aber auch die salafistisch-fundamentalistisch geprägte Al-Nur-Moschee in Neukölln und die "Islamische Kulturgemeinde der Iraner" wurden attackiert; schließlich die Moschee der Ahmadiyya, einer erst im 19. Jahrhundert entstandenen islamischen Bewegung, die vor allem in Pakistan immer wieder von Extremisten angegriffen wird, die die Ahmadis nicht als Muslime anerkennen.

Bisher ist bei den Brandanschlägen in Berlin nur leichter Sachschaden entstanden. "Das nächste Mal könnten Menschen verletzt werden", befürchtet Yasir Aziz, der am Samstag mit dem Schrecken davonkam.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.