Urteil des Bundesgerichtshofs: Neonazis müssen Englisch lernen

Der Gebrauch von NS-Parolen ist nur im deutschen Original strafbar, entscheidet der Bundesgerichtshof: Die Hitler-Jugend sprach von "Blut und Ehre", nicht von "Blood and Honour".

Vom Landeskriminalamt Baden-Würtemberg sichergestelltes Propaganda-Material der in Deutschland verbotenen rechtsextremen "Blood and Honour"-Organisation. Bild: ap

KARLSRUHE taz | Wer Nazi-Parolen in englischer Sprache benutzt, macht sich nicht wegen Verwendung von NS-Kennzeichen strafbar. Das hat jetzt der Bundesgerichtshof entschieden. Es kommen aber Strafen wegen anderer Delikte in Betracht.

"Blood and Honour" stand auf hundert T-Shirts, mit denen der Neonazi Denis K. im September 2005 erwischt wurde. Das Landgericht Gera verurteilte ihn zu einer Geldstrafe von 4.200 Euro. Er habe NS-Kennzeichen verwendet, denn "Blut und Ehre" sei ein Leitspruch der Hitler-Jugend gewesen.

Der BGH hob die Verurteilung nun aber auf. "Der Symbolgehalt der NS-Parole ist untrennbar mit dem Gebrauch der deutschen Sprache verbunden", erklärte Jörg Peter Becker, der Vorsitzende des Dritten Strafsenats, der am Bundesgerichtshof als rechtsstaatliches Bollwerk gilt. "Die Nationalsozialisten hätten den Begriff nie in englischer Sprache benutzt."

Man sei sich zwar bewusst, so Richter Becker, dass damit eine "Spielwiese" für Neonazis eröffnet sei. Diese würden jetzt wohl versuchen, NS-Parolen in allen möglichen Fremdsprachen zu verbreiten. Damit müsse man aber leben. Das Strafrecht sei mit der Aufgabe überfordert, NS-Gedankengut völlig aus dem öffentlichen Leben zu verbannen.

Außerdem könne die "Blood and Honour"-Parole durchaus nach anderen Paragrafen bestraft werden, etwa wegen der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. So bezeichnet "Blood and Honour" auch ein Netzwerk von Nazi-Rockbands, das seit 2000 in Deutschland verboten ist.

Verboten ist allerdings nur der symbolhafte Gebrauch solcher Kennzeichen. Es gehe zu weit, wenn bereits der Name einer verbotenen Organisation gar nicht mehr ausgesprochen werden dürfte. Im vorliegenden Fall wäre das aber wohl kein Problem, denn auf den T-Shirts fand sich etwa auch die Abbildung einer Hand, die eine Pistole hält, und der Hinweis auf "Combat 18", den bewaffneten Arm des Blood-and-Honour-Netzwerks. Die Zahl steht für den ersten und achten Buchstaben im Alphabet, die Initialen von Adolf Hitler.

Das Landgericht Gera muss nun eine neue Verhandlung gegen den Neonazi durchführen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.