Beispiele von Polizeigewalt: Brüche, Hiebe, Hämatome

Dessau, Hagen, Berlin - drei Bespiele aus dem Amnesty-Bericht zur Polizeigewalt. Für die Polizeibeamten bleiben die brutalen Übergriffe zumeist folgenlos.

Tod im Polizeigewahrsam: Demonstration zum dritten Todestag von Oury Jalloh im Januar 2008. Bild: dpa

BERLIN taz | Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International listet in ihrem Polizeibericht zahlreiche Fälle von Gewalt auf. Hier drei Beispiele:

Der Fall Oury Jalloh: Am 7. Januar 2005 verbrannte der Asylbewerber aus Sierra Leone in der Polizeiwache Dessau. Polizisten hatten den 23-Jährigen in einer Ausnüchterungszelle ans Bett fixiert. Trotzdem soll er mit einem Feuerzeug die Schaumstoffmatte angezündet haben. Alarmsignale wurden vom Dienstgruppenleiter ignoriert, als die Beamten reagierten, war es zu spät.

Gut zwei Jahre nach dem Tod Jallohs begann vor dem Landgericht Dessau-Roßlau der Prozess gegen zwei Polizisten. Einer der beiden, der bei der Durchsuchung Jallohs laut Anklage das Feuerzeug übersehen hatte, musste sich wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassung verantworten. Dieser Vorwurf erwies sich als unhaltbar. Auch der Dienstgruppenleiter, der sich wegen Körperverletzung im Amt mit Todesfolge verantworten musste, wurde freigesprochen. Zahlreiche Polizisten mauerten im Zeugenstand oder widerriefen ihre bereits gemachten Aussagen. Der Vorsitzende Richter sagte in der Urteilsbegründung, was die Polizei bei ihren schlampigen Ermittlungen und vor Gericht bot, habe mit Rechtsstaatlichkeit nichts mehr zu tun.

Im Januar 2010 hob der Bundesgerichtshof das Urteil auf. Die Richter hatten erhebliche Zweifel an den Zeugenaussagen der Polizisten. Der Prozess gegen einen Beamten wird vor dem Landgericht Magdeburg neu aufgerollt.

Fall "Jeton": Ein damals 33-jähriger Berliner, der als Kommunikationsingenieur im Bundestag arbeitet, feierte am 20. August 2005 in der Berliner Diskothek "Jeton" seinen Junggesellenabschied. Um 1.30 Uhr stürmten etwa 300 Polizeibeamte, davon circa 100 SEK-Kräfte, das Lokal, weil sie dort 150 bis 250 Hooligans vermuteten. Der Ingenieur wurde von Polizisten mit Fußtritten und Schlägen traktiert und beschimpft. Ärzte diagnostizierten später ein Schädel-Hirn-Trauma und Platzwunden. Insgesamt wurden 21 Personen bei der Durchsuchung verletzt. Nach der Razzia gingen bei der Staatsanwaltschaft mehr als 100 Anzeigen ein. Eine Anhörung im Berliner Abgeordnetenhaus beschäftigte sich am 29. August 2005 mit dem Vorfall. Im November 2006 wurden die Verfahren gegen zwei Polizisten eingestellt.

Der Fall Adem Özdamar: In der Nacht zum 17. Februar 2008 hatte der 26-jährige Adem Özdamar, der unter einem akuten, durch Kokainmissbrauch hervorgerufenen schizophrenen Schub litt, bei der Polizei in Hagen angerufen, weil er sich verfolgt fühlte. Zwei Polizisten und eine Praktikantin suchten Özdamar auf und schlugen vor, ihn mitzunehmen. Im Polizeiauto geriet Özdamar in Panik und schrie. Um bei der Ankunft in der Wache Widerstand zu verhindern, verwendete ein Polizist Pfefferspray. Da dieses Spray keine Wirkung zeigte, fixierten ihn sieben Beamten auf dem Bauch liegend auf eine Pritsche. 15 Minuten dauerte die Prozedur, bei der zum Schluss insgesamt 13 Polizisten beteiligt gewesen sein sollen. Als Özdamar nicht mehr atmete, wurde eine Notärztin gerufen. Ihr gelang es, Özdamar wiederzubeleben, später fiel er wieder ins Koma. Adem Özdamar starb am 5. März 2008.

Ein Gerichtsmediziner gab an, dass die Hämatome, die festgestellt wurden, "auf eine stumpfe Gewaltanwendung" schließen lassen. Özdamars Familie ließ die Röntgenaufnahmen von einem Radiologen untersuchen. Dieser diagnostizierte eine Nasenbeinfraktur.

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