"Schule ohne Rassismus" wird 15: Courage im Alltag

Schüler und Lehrer treten seit 15 Jahren Vorurteilen entgegen und ecken damit auch mal an. Ihre Arbeit ist von verschiedenen Seiten gefährdet.

Keine Diskrimierung in Schulen: Ein Netzwerk aus Schulen kämpft dafür seit 15 Jahren. Bild: dpa

"Du schwule Sau!", stand an der Klotür des Herrmann-Hesse-Gymnasiums in Berlin-Kreuzberg. Anna Wulff, ehemalige Lehrerin der Schule, störte dieser Spruch. Sie betreut eine Hand voll Schüler, die Diskriminierung und Rassismus an ihrer Schule bekämpfen. Und damit auch solche scheinbar harmlosen Klo-Sprüche. Das er diskriminierend sei, würde vielen Schülern gar nicht auffallen.

Die Herrmann-Hesse-Schule gehört zum bundesweiten Netzwerk der "Schulen ohne Rassismus - Schulen mit Courage" (SOR). Am Sonntag feiert das Netzwerk seinen 15. Geburtstag, erwartet werden Gründungsmitglieder wie Cem Özdemir (Grüne) und führende Vertreter von Juden und Muslimen in Deutschland.

Gegründet wurde das Netzwerk im Jahre 1995, in einer Zeit, als Nazis mit Anschlägen in Hoyerswerda und Solingen für Schlagzeilen sorgten. 730 Schulen sind aktuell Mitglied im "SOR"-Club. Um aufgenommen zu werden, müssen sich Schüler, Lehrer und Erzieher einer Schule verpflichten, regelmäßig Aktionen gegen Rassismus und Diskriminierung zu organisieren und prominente Paten zu finden.

Die Herrmann-Hesse-Schule hat den Schauspieler Benno Führmann überredet. Zwei Drittel der Schüler sind nichtdeutscher Herkunft. Das multikulturelle Zusammenlernen klappt nach Auskunft von Eltern gut. Doch fühlten sich auch deutsche Schüler mitunter diskriminiert, erzählt die ehemalige Lehrerin Wulff. "Manche Schüler reden unter sich nur Türkisch, die anderen können den Gesprächen nicht folgen." Aufklärungsbedarf gibt es also zuhauf.

Schüler von SOR-Schulen produzieren einmal jährlich die bundesweit erscheinende Zeitung Q-Rage und ecken mit ihren Themen auch schon mal an. Konservative aus Politik und Kirche nahmen vor zwei Jahren einen Artikel zum Anlass, das Projekt an sich in Frage zu stellen. Zwei Schüler hatten unter der Überschrift "Die Evangelikalen Missionare" über das religiöse "Christival" berichtet.

Evangelikale Christen verlangten den Rücktritt des Chefs der Bundeszentrale für Politische Bildung (BPB), die das Netzwerk unter anderem finanziert. Die Bundeszentrale entschuldigte sich bei den aufgebrachten Christen, die weitere Finanzierung von SOR war gesichert.

Aktuell will Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) einen Teil der Fördergelder gegen Rechtextremismus in den Kampf gegen Islamismus und Extremismus zu stecken. SOR-Geschäftsführer, Eberhard Seidel, plant aber bis 2012 mit einem festen Etat. "Wir gehen ja gegen jede Form von Rassismus und Diskriminierung vor."

Die Arbeit der SOR-Aktivisten ist von anderer Seite gefährdet: "Der komprimierte Unterricht und mangelnde Freizeit lassen uns wenig Freiraum für diese wichtige Arbeit", sagt Wulff.

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