Merkels neuer Innenminister: CSU-Mann mit liberalem Schein

Mit Hans-Peter Friedrich soll das Bundesinnenministerium ein Ort moderater Politik bleiben - jedenfalls für Unionsverhältnisse.

Den BundesbürgerInnen kaum bekannt: der künftige Innenminister Hans-Peter Freidrich vor dem CSU-Tagungshaus im bayrischen Wildbad Kreuth. Bild: dpa

BERLIN taz | Kurz bevor sich die Spitzen der Koalition am Mittwochmorgen auf Hans-Peter Friedrich als neuen Bundesinnenminister einigten, schien der Franke aus dem Rennen zu sein. Jetzt ist er es doch geworden. Weil die Kanzlerin es so wollte.

Aus gutem Grund. Friedrich gilt unter den CSU-Kandidaten als der einzige mit halbwegs liberalem Antlitz. Friedrich ist kein Polterer, er war Referent im Bundeswirtschaftsministerium, Justiziar der Bundestagsfraktion der Union und Mitarbeiter vom ehemaligen Wirtschaftsminister Michael Glos, bevor er selbst Landesgruppenchef wurde. Er ist mehr Hintergrundarbeiter als Rampensau.

Ähnlich wie der neue Verteidigungsminister Thomas de Maizière übernimmt auch Friedrich eine halb angefangene Reform: die geplante Fusion von Bundespolizei und Bundeskriminalamt zu einer Superpolizei des Bundes. Friedrichs Amtsvorgänger de Maizière wollte den Zusammenschluss, bekam aber heftige Kritik von Polizeigewerkschaften, Länderinnenministern - aber auch Innenpolitikern aus CDU und CSU. Da hier noch kein endgültiger Beschluss gefallen ist, könnte Friedrich die Chance nutzen und die unbeliebte Polizeifusion ohne Gesichtsverlust doch noch abblasen.

In der FDP hofft man, mit dem neuen Innenminister auch weiter so vernünftig zusammenarbeiten zu können wie mit dem Vorgänger de Maizière, der beim Thema Terrorbekämpfung verbal abgerüstet hatte und nicht ständig nach neuen Gesetzen schrie. Friedrich sei "als Innenpolitiker ein unbeschriebenes Blatt", sagte ein Liberaler am Mittwoch, aber im Umgang angenehm. Soll heißen: abwarten.

Für CSU-Verhältnisse gilt Friedrich als deutlich moderater als Haudegen wie Innenpolitiker Hans-Peter Uhl oder der bayerische CSU-Landesinnenminister Joachim Herrmann, der bis zuletzt im Gespräch als Bundesinnenminister gewesen war. "Herrmann wäre eine Katastrophe gewesen", hieß es in der FDP.

Spannend wird nun sein, wie sich Friedrich bei den Themen Vorratsdatenspeicherung und Internetsperren verhält, die zwischen den Koalitionspartnern umstritten sind.

Als CSU-Landesgruppenchef hatte Friedrich zuletzt einen Alternativvorschlag von FDP-Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger zur anlasslosen Speicherung der Telekommunikationsdaten heftig kritisiert. In einem Interview sagte er: "Im Justizministerium scheinen zu viele Theoretiker am Werk und zu wenige, die sich mit der Praxis der Sicherheitsbehörden vor Ort beschäftigen."

Mit den sogenannten Theoretikern wird sich Friedrich nun häufiger auseinandersetzen dürfen. Traditionell beäugen sich die beiden Häuser misstrauisch. Und das liberale Justizministerium wird sehr genau verfolgen, ob Friedrich wirklich so moderat ist wie erhofft.

Kanzlerin Merkel legte sich fest: Friedrich sei einer, "der geeignet ist, Streitfragen ausgleichend zu klären", sagte sie am Mittwoch in Berlin. Das war eine Beschreibung. Es war aber auch eine klare Erwartung. GORDON REPINSKI

WOLF SCHMIDT

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